USA USA: Kongresswahl entscheidet auch über Zukunft von George W. Bush

Washington/dpa. - Das Mitleid seines Vaters war sicher dasallerletzte, was sich US-Präsident George W. Bush gewünscht hat. Er«hasse den Gedanken daran, wie das Leben meines Sohns würde», wenndie Republikaner ihre Mehrheiten im Kongress verlieren sollten, hatteEx-Präsident George Bush vor Parteifreunden gesagt. «Er soll bessernicht spekulieren und mich anrufen, dann würde ich ihm sagen, dasswir gewinnen werden», reagierte sein Sohn trotzig lächelnd in einemABC-Fernsehinterview.
Bush, der Jüngere, verbreitet weiter Optimismus, obwohl Umfrageneine bittere Wahlniederlage seiner Partei signalisieren - und derPräsident dann schon zwei Jahre vor Ende seiner Amtszeit einepolitisch «lahme Ente» werden könnte. «Lame duck» nennen Amerikanerihre Präsidenten ohnehin zum Ende der maximal acht JahreRegentschaft.
Der Präsident befindet sich im politischen Tief: Die Amerikanerverübeln ihm das anhaltende Blutvergießen im Irak, die Ratlosigkeitder USA gegenüber den Atomanstrengungen Nordkoreas und des Irans, dasschlechte Ansehen der USA weltweit. Der Texaner zahlt dafür auch mitmanchen Peinlichkeiten. Besonders bitter wird es für ihn sein, dassrepublikanische Abgeordnete und Senatoren sich zwar darum reißen, ihnals Stargast bei Veranstaltungen zum Sammeln von Wahlgeldern bei gutbetuchten Konservativen zu präsentieren - diese Parteifreundeallerdings so gut wie immer die Presse ausschließen und nicht eineinziges Bild der Kandidaten mit Bush an die Öffentlichkeit gelangt.
«Die Republikaner sind froh, das Geld zu kassieren, aber sonst istBush eine "persona non grata"», so die demokratische ParteimanagerinStacie Paxton in der «Washington Times». Er werde gemieden «wieGift». Republikaner scheuten öffentliche Auftritte mit Bush, «weilalle Bilder unweigerlich in den Wahl-Fernsehspots der Demokratenauftauchen».
Die Demokraten setzen voll auf den Überdruss, den die Amerikanerfür Bush empfinden - und beschreiben überall den jeweiligenrepublikanischen Kandidaten vor Ort in den beliebten Negativ-Wahlspots als «besonders treuen Gefolgsmann von Bush». Der Sender ABCzählte landesweit 78 verschiedene Wahlspots der Demokraten, in denenmit Bush-Bildern gegen die Republikaner geworben wird. Der Präsidentversuchte sich sogar darüber lustig zu machen: Wichtig sei ihm nur,dass die Demokraten besonders vorteilhafte Bilder von ihmverwendeten, scherzte er. Aber zum einen tun sie das natürlich nicht- zum anderen kann es um den mächtigsten Mann der Welt nichtsonderlich gut bestellt sein, wenn die politischen Weggefährten imeigenen Land nichts mehr scheuen als seine Nähe.
Bush ist in der Defensive - und zeigt Nerven. Nachdem er seit Jahrund Tag fast gebetsmühlenartig wiederholt, die USA müssten im Irak«Kurs halten», will er nun nichts mehr von dieser Parole wissen. Denndie Demokraten hatten sie geschickt als Beleg für die politischeHalsstarrigkeit Bushs angeprangert. Jüngst entschlüpfte ihm sogar einVergleich des Irakkriegs mit dem Vietnamkrieg - stets hatte er dasals völlig abwegig abgetan; zudem bedeutet die Parallele für dieUS-Rechten angesichts des Vietnam-Traumas der Amerikaner ein Tabu.
Bush droht die politische Isolation: Seine Popularität ist aufeinem Tiefststand. Viele Republikaner gehen auf Distanz, manche auchim Ringen um eine gute Startposition für die Präsidentschaftswahl2008. Und wenn am 7. November die Demokraten tatsächlich siegen - undgar beide Häuser des Kongresses dominieren -, würden für Bush zweischwere letzte Jahre anbrechen. Denn Weißes Haus und Kongress sindbei Reformen, Gesetzen und Ernennungen auf einander angewiesen.
Angesichts des tiefen Grolls vieler Demokraten gegen dieneokonservativ geprägte Regierung scheinen die Aussichten auf einefruchtbare Zusammenarbeit nicht sonderlich gut. Bush müsste seineambitionierte, auf Jahrzehnte angelegten Reform für das System derSozialversicherung wohl endgültig begraben. Auch eine Fortsetzungder radikalen Steuersenkungen - vor allem für die Reichen - wärewenig wahrscheinlich. Nur große Optimisten hoffen auf eine «großeKoalition» im Bemühen, eine akzeptable Lösung für den Irakrieg zufinden.


