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Uni stoppt Journalistikstudium Uni stoppt Journalistikstudium: Im "Roten Kloster" in Leipzig geht das Licht aus

Von Alexander Schierholz 26.04.2017, 18:24
An der Uni Leipzig wird vorerst kein Journalismus unterrichtet.
An der Uni Leipzig wird vorerst kein Journalismus unterrichtet. dpa

Leipzig - „Zu DDR Zeiten konntest du 50 % der Lehre glatt vergessen, aber der Rest hat gereicht, um viele sehr gute Journalisten hervorzubringen“, twitterte die Leipziger Reporterin Kerstin Decker am Dienstagabend. Damit ist nun Schluss: Die Uni Leipzig hat ihre renommierte Journalisten-Ausbildung vorläufig gestoppt. Die Einschreibung in den Master-Studiengang Journalistik wird ab dem Wintersemester 2017/2018 für ein Jahr ausgesetzt, wie die Hochschule mitteilte. Der Studiengang müsse reformiert werden.

Bei einer Neustrukturierung des "Roten Klosters" wurden mehrere Stellen gestrichen

In der zu DDR-Zeiten wegen der Ausbildung nach Parteilinie „Rotes Kloster“ genannten Journalistik knirscht es seit Jahren. Bei einer Neustrukturierung wurden in der Abteilung Journalistik des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaften mehrere Stellen gestrichen, darunter eine Professur. Auch die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter schrumpfte.

Die Personalengpässe sind aber nicht der einzige Grund für die Uni, die Notbremse zu ziehen. Die Bewerberzahlen sinken rapide; im vorigen Jahr hatten sich 127 Interessenten beworben, 2014 waren es doppelt so viele. Für Roger Berger, dem Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät, ist das Beleg für die „gesunkene Attraktivität“ des Studiengangs. Studiendekan Thomas Kater sprach gegenüber dem Dresdner Medienblog „Flurfunk“ von „Unzufriedenheitsäußerungen“ unter Studierenden und dem wissenschaftlichen Personal. Berger sagte, man könne den Studiengang so nicht einfach weiterlaufen lassen, „das würde die traditionsreiche Journalistik-Ausbildung in Leipzig wirklich gefährden“.

Rotes Kloster in Leipzig: Eine Kommission soll die Neuausrichtung vorantreiben

Richten soll es nun eine Kommission aus Vertretern des Studiengangs und des Instituts sowie Studierenden und Journalisten. Als Leiter ist Studiendekan Kater vorgesehen - nicht aber der Chef der Abteilung Journalistik, Marcel Machill. Berger und Vater machen ihn mitverantwortlich dafür, dass der Reformprozess nicht früher in Gang gesetzt wurde.

„Heuchelei“, schimpft Machill. Die Journalistik werde seit Jahren „klein gespart, da muss man sich nicht wundern, wenn das Studium unattraktiv ist“. Seine Abteilung habe bereits vor zwei Jahren ein Reformkonzept vorgelegt, das aber nicht weiter verfolgt worden sei. Der Einschreibestopp sei beispiellos in der deutschen Journalisten-Ausbildung; Machill hält ihn für „wahnwitzig“. Er befürchtet, dass Kooperationspartner aus der Medienbranche abspringen werden; darunter werde die Praxisorientierung des Studiengangs leiden. Der Landesverband Sachsen des Deutschen Journalisten-Verbandes zeigte sich „entsetzt“ über die Aussetzung. (mz)