Überqualifizierung Überqualifizierung: Altenpfleger mit Doktortitel
Wiesbaden/Sottrum/dpa. - Viele Arbeitnehmer sind gezwungen, einen Job unter ihrem Ausbildungsniveau anzunehmen. Sogar Promovierte Bewerber haben Chancen, wenn sie nicht krampfhaft am Ideal des Traumjobs festhalten und zu der neuen Tätigkeit stehen.
In vielen Berufszweigen ist Überqualifizierung schon lange ein Thema: Studierte Sozialpädagogen etwa arbeiten oft vorübergehend auf Erzieher- oder Altenpflegerstellen, heißt es bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Frankfurt/Main. Mitte der neunziger Jahre waren laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg auch Ingenieure und Informatiker davon betroffen.
Der Anteil derer, die eine Stelle unter ihrem Qualifikationsniveau annehmen müssen, ist offenbar steigend. Nach Angaben des IAB arbeiteten 1998 rund 13 Prozent der Hochschulabsolventen auf einer Stelle unter ihrem Qualifikationsniveau. «Das Problem ist aber nicht auf Akademiker beschränkt», sagt Monika Hoffmann, Berufscoach aus Wiesbaden.
Hoffmann zufolge steht am Anfang der Jobsuche unter Niveau eine Selbstprüfung: Wo stehe ich? Unter welchen Arbeitsbedingungen, für welches Gehalt bin ich zu arbeiten bereit? Ulrich Holst, Berufscoach aus Sottrum (Niedersachsen), rät Überqualifizierten dazu, die Flucht nach vorn anzutreten: «Man sollte sich nicht zu schade sein, sofort Halbtagsjobs oder Zeitverträge anzunehmen.» Als zweiten Schritt sollten Überqualifizierte laut Hoffmann das eigene Verhältnis zur Arbeit überprüfen. «Wer nicht sein gesamtes Lebensglück auf die Arbeit setzt, hat es bei der Stellensuche leichter.»
Ulrich Holst rät Überqualifizierten, vor dem Verschicken der Bewerbungsunterlagen beim Wunschunternehmen zu erfragen, ob Überqualifizierung ein Problem ist. Sonst gebe man nur unnötig Geld für Porto aus.
Im Bewerbungsgespräch geht es auch darum, Vorurteile abzubauen, die manche Personalchefs gegenüber überqualifizierten Bewerbern haben: «Bewerber sollten gemäß ihren Kompetenzen eingesetzt werden. Bei überqualifizierten Bewerbern besteht nach der Einstellung die Gefahr, dass sie den Betrieb rasch wieder verlassen, weil ihnen andere Angebote vorliegen», sagt Rainer Schmidt-Rudloff von der Abteilung betriebliche Personalpolitik und berufliche Bildung bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. Ulrich Holst rät Bewerbern deshalb dazu, dem Arbeitgeber zu verdeutlichen, dass man es ernst meint, eine langfristige Anstellung sucht und «das Ego abgespeckt» hat.