Tödlicher Unfall sorgt in Vancouver für Entsetzen
Vancouver/dpa. - Ein tödlicher Rodel-Unfall hat wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier die Vorfreude auf die XXI. Winterspiele in blankes Entsetzen verwandelt.
Der Georgier Nodar Kumaritaschwili stürzte am Freitag auf der anspruchsvollen Eispiste von Whistler kurz nach der Ziellinie, wurde aus der Bahn katapultiert und prallte gegen einen Stahlträger der Bahnüberdachung. Trotz Reanimierungsmaßnahmen noch an der Strecke starb der 21-Jährige.
Es ist der erste tote Athlet während eines Wettkampfs in der Geschichte der Winterspiele. «Der Tod wirft ganz sicher einen Schatten auf diese Spiele», sagte IOC-Präsident Jacques Rogge. «Das ist furchtbar», meinte IOC- Vizepräsident Thomas Bach, der am Morgen in Vancouver für weitere vier Jahre zum IOC-Vize gewählt wurde. Die überraschend guten Qualifikations-Resultate der deutschen Skispringer gerieten in den Hintergrund.
Der an der Bahn befindliche dreimalige Rodel-Olympiasieger Georg Hackl reagierte bereits vor der Todes-Nachricht fassungslos. «Ich bin schockiert. Das ist schwer zu verarbeiten», sagte der Nachwuchs-Coach sichtlich bewegt. Das kanadische Fernsehen zeigte Bilder des Unfalls, wenige Zeit später waren die Horror-Bilder auch auf «Youtube» zu sehen. Kurze Zeit später hat «Youtube» die Szenen wieder von seiner Seite entfernt, weil das Internet-Videoportal nicht über die notwendigen Rechte verfügt. Ob die für diesen Samstag geplanten ersten beiden von vier Läufen der olympischen Männer-Entscheidung wie geplant stattfinden, war offen. «Wir müssen das Unfassbare erst einmal verarbeiten. Wir müssen uns jetzt erstmal mit unseren Sportlern reden», sagte der österreichische Trainer Rene Friedl.
Vor dieser Tragödie fand die Qualifikation der Skispringer statt - und die deutschen Adler sind plötzlich heiße Medaillenkandidaten. Der 31-jährige Michael Uhrmann gewann im Whistler Olympic Park mit 106 Metern die Qualifikation - und auch seine Mitflieger überzeugten auf der Normalschanze. «Vielleicht gelingt morgen etwas Außergewöhnliches. Wir haben das Potenzial, an einem guten Tag für eine Überraschung zu sorgen», sagte Martin Schmitt vor der ersten Entscheidung bei den Spielen in Vancouver am Samstag (19.00 MEZ). Bundestrainer Werner Schuster meinte begeistert: «Das Niveau ist vorhanden, um morgen vorne mitzuspringen.»
Uhrmann (Rastbüchl) siegte vor dem Tschechen Jakub Janda (105,0) und vor dem ebenfalls glänzend aufgelegten Michael Neumayer (Berchtesgaden/105,5). Der 32-jährige Vize-Weltmeister Schmitt (Furtwangen) kam als Neunter auf 103,5 Meter. Ebenfalls der Sprung ins Finale gelang Youngster Pascal Bodmer als 18. Die Tageshöchstweite schaffte Gregor Schlierenzauer mit 107 Metern.
Unterdessen verbesserte «Kronprinz» Bach seine Position als möglicher Nachfolger von IOC-Präsident Rogge. Der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim wurde in Vancouver von der 122. IOC- Vollversammlung erstmals ohne Gegenkandidaten für vier weitere Jahre zum IOC-Vizepräsidenten gewählt. «Gratuliere, Mister Bach», sagte Rogge, nachdem er das offizielle Ergebnis vorgelesen hatte: 80 Ja- und 14-Nein-Stimmen. «Ich bin überwältigt von dem Vertrauen, liebe Kollegen», kommentierte Bach strahlend. 2013 wird auf der 125. Session in Buenos Aires das Erbe von Rogge geklärt.
Für den deutschen Ober-Olympier scheint der Weg frei zu sein fürs höchste Amt im Weltsport. «Diese Frage stellt sich jetzt nicht, und da gibt es auch keinen Zusammenhang», sagte Bach nach seiner überzeugenden Wiederwahl. Aus der olympischen Regierung heraus lässt sich eine Bewerbung jedoch bestens betreiben. Der 56-Jährige ist mit seiner großen Kompetenz als Vorsitzender der juristischen Kommission und einer Reihe anderer Gremien im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einer der wichtigsten Zuarbeiter für Rogge. Zudem dient seine Präsidentschaft des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als wichtige Hausmacht. Seit 1996 gehört Bach zum Führungszirkel der Ringe-Regierung.
Der olympische Fackellauf musste ausgerechnet am Schlusstag wegen Protesten in Vancouvers Problemviertel Downtown Eastside umgeleitet werden. Mehr als 150 Olympia-Gegner wollten am Freitag den Ablauf stören und mussten von der Polizei zurückgehalten werden. Die Route wurde daraufhin schnell verändert. Bereits am Morgen hatte der Auftritt von Arnold Schwarzenegger als olympischer Fackelläufer im Stanley Park für große Aufregung gesorgt. Mit «Arnie, Arnie»-Rufen wurde der «Gouvernator» aus Kalifornien begeistert empfangen. Schwarzenegger übergab das Feuer an den OK-Chef der Spiele 2012 in London, Sebastian Coe.