Textil Textil: Lagerfeld-Fieber in der Strickerstadt Apolda

Apolda/dpa. - Das Lagerfeld-Fieber in ThüringensStrickindustriehochburg Apolda hält an. Nachdem Modeschöpfer KarlLagerfeld im April mit einem Kurzbesuch in Apolda und einerFotoausstellung im Kunsthaus für Aufmerksamkeit sorgte, träumt die24 000 Einwohner zählende Kreisstadt nach dem industriellen Aderlassin den 90er Jahren nun von einer Zukunft als Haute-Couture-Adresse.Textilfirmen hoffen auf prestigeträchtige Aufträge aus dem HauseChanel, Arbeitslose auf neue Jobs. Angeheizt hat das Fieber derDesigner persönlich.
Der 66-Jährige kündigte an, er wolle sein Möglichstes tun, «damitein Teil der Chanel-Produktion in diese sympathische Stadt verlagertwird». Kurz darauf klingelte eine Hamburger PR-Agentur, die fürLagerfeld arbeitet, ein halbes Dutzend Strickwarenfirmen mit derBitte um Musterstücke und Unternehmensbeschreibungen in englischerSprache an. Beides zusammen hat bei den meisten Unternehmen fürregelrechte Euphorie gesorgt - auch wenn sich das Modehaus Chanel mitoffiziellen Auskünften eher bedeckt hält.
«Wir sind stets daran interessiert, neue Talente zu entdecken undbehalten die Entwicklungsmöglichkeiten im Auge, besonders im Hinblickauf die Zusammenarbeit mit den Ateliers in Apolda», lautetdiplomatisch die bislang einzige offizielle Auskunft. In Apoldabietet das Stoff für Spekulationen. Klaus Hörisch, Vorsitzender derWirtschaftsfördervereinigung Apolda, spricht von einer Chance, aufdie Region jahrelang hingearbeitet habe: «Lagerfeld hat ja sehr vielEinfluss bei Chanel.»
Apolda, das seit mehr als vier Jahrhunderten von derMaschenindustrie geprägt wird, entging nach Wende und deutscherEinheit nur knapp dem vollständigen Zusammenbruch der Branche. DieWirtschaftsfördervereinigung gehört zu den Veranstaltern desModewettbewerbs «Apolda European Design Award». Der mit 25 000 Eurodotierte Preis wurde im April zum fünften Mal vergeben und Lagerfeldnahm die Wettbewerbsarbeiten bei seinem Besuch in Apolda inAugenschein.
Die Strickchic GmbH Apolda schickte unverzüglich ausgewählteMusterstücke an Lagerfelds Agentur. «Das hatte für uns höchstePriorität», sagt Geschäftsführer Gerald Rosner. Der mit 50Beschäftigten größte Strickwarenbetrieb der Region ist in Deutschlanddurchaus kein Unbekannter, namhafte Kaufhausketten stehen auf derKundenliste, auf der Weltausstellung «Expo 2000» in Hannover trugenHostessen grau-weiße Pullover des Apoldaer Unternehmens. Auch diekleine Firma Anke Hammer Strickdesign in Bad Sulza bei Apoldaschickte umgehend eine Auswahl von Modellen. «Auftragsarbeit fürChanel oder Lagerfeld, das wäre fantastisch», schwärmt FirmenchefinAnke Hammer.
Modeschöpfer Karl Lagerfeld ist immer für eine Überraschung gut.Für Aufsehen sorgte unlängst der Verkauf seiner Linie «LagerfeldGallery» an Tommy Hilfiger. Im vergangenen Jahr entwarf erpublicityträchtig eine Kollektion für den schwedischen ModediscounterHennes & Mauritz, die Kunden rissen sich förmlich um die Stücke. Dashaben die Apoldaer Strickereien aufmerksam registriert. Strickchic-Chef Gerald Rosner: «Egal, was dabei rauskommt, allein der Rummel istfür uns schon eine Riesenchance.»