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Tarife Tarife: Metaller bekommen Lohnerhöhung erst später

11.04.2009, 14:03

München/Berlin/dpa. - Bei den Tarifverhandlungen imHerbst sei mit der IG Metall die Möglichkeit vereinbart worden, diezweite Stufe der Lohnerhöhung um bis zu sieben Monate zu verschieben,sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, MartinKannegiesser, der «BILD»-Zeitung (Samstag). «Davon wollenschätzungsweise bis zur Hälfte der Firmen und Beschäftigten Gebrauchmachen.» Grund sei die schwere Krise der Branche. Auch die IG Metallrechnet laut der «Süddeutschen Zeitung» (SZ/Samstag) mitVerschiebungen.

IG-Metall-Chef Berthold Huber lehnte eine pauschale Verschiebungallerdings ab. «Der Tarifvertrag ist doch kein Wunschkatalog», sagteer der «BILD am SONNTAG». Es gebe konkrete Bedingungen für einenAufschub: «Nur wenn Unternehmer und Betriebsrat im Einzelfallgemeinsam der Auffassung sind, dass eine Verschiebung aufgrund derwirtschaftlichen Lage geboten ist und Arbeitsplätze gesichert werden,kann eine Verschiebung freiwillig vereinbart werden. Einen pauschalenAufschub wird es nicht geben.»

Nach Kannegiessers Einschätzung stehen der Branche in der zweitenJahreshälfte auch vermehrt Stellenstreichungen bevor. Gleichzeitigäußerte er jedoch die Hoffnung, die Branche werde trotz derangespannten Lage auf Massenentlassungen verzichten. «In den letzten40 Jahren habe ich keine Krise erlebt, in der sich unsere Firmen sointensiv um Joberhalt gesorgt haben», sagte er. Hilfreich seien dieTarifverträge und Kurzarbeit, die derzeit für 1,4 Millionen Metallerangezeigt sei. «Aber dies ist dauerhaft nicht durchhaltbar. In derzweiten Jahreshälfte wird es daher mehr Jobabbau geben, aber sicherkeinen Kahlschlag.»

Der Leiter des IG-Metall-Bezirks Frankfurt, Armin Schild, sagteder «Süddeutschen Zeitung», in Thüringen wolle fast die Hälfte derBetriebe die Lohnerhöhung nicht von Mai an zahlen, in Hessen undRheinland-Pfalz jedes dritte und im Saarland jedes vierteUnternehmen. Die Zahl der Betriebe mit ernsthaften Schwierigkeitennehme drastisch zu. Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauersagte, in 20 Prozent der Betriebe werde über eine Verschiebung derTariferhöhung verhandelt werde. In Nordrhein-Westfalen liege derAnteil nach Gewerkschaftsangaben deutlich unter zehn Prozent, imBezirk Küste bei zehn Prozent, schreibt die Zeitung.

Möglich ist das Vorgehen der Arbeitgeber wegen einer Klausel imTarifvertrag. Vereinbart wurden für die 3,6 Millionen Beschäftigtenzwei Lohnsteigerungen von jeweils 2,1 Prozent - eine zum 1. Februar,eine zum 1. Mai. Die zweite Erhöhung kann ein Betrieb um bis zusieben Monate verschieben, falls er sich in wirtschaftlichenSchwierigkeiten befindet. Voraussetzung dafür ist eine Einigung mitdem Betriebsrat.

Opel-Betriebsratschef Klaus Franz sagte der «SZ», die 2,1 Prozentseien Teil des Verhandlungspakets über die Zukunft des Konzerns. Erstrebe an, mit dem womöglich eingesparten Geld eine künftigeBeteiligung der Mitarbeiter an Opel zu finanzieren.

Kannegiesser erwartet im laufenden Jahr einen massiven Einbruchder Produktion in der Metall- und Elektroindustrie. «Für 2009 ist einProduktionsrückgang im zweistelligen Prozentbereich nichtausgeschlossen», sagte er der «BILD»-Zeitung. «Wir befinden uns ineinem Sturzflug, dessen Tempo und Wucht alle überrascht.»