Tabak-Richtlinie Tabak-Richtlinie: EU kämpft gegen Menthol-Zigaretten

BRÜSSEL/dapd/MZ. - Die EU-Kommission will mit Schockbildern auf Zigarettenschachteln und einer Reduzierung von Geschmacksstoffen im Tabak das Rauchen eindämmen. Das sagte gestern ein Sprecher von EU-Gesundheitsminister Tonio Borg der MZ. Schon am nächsten Mittwoch soll der Entwurf der lange erwarteten Tabak-Richtlinie verabschiedet werden. "Der Entwurf wird eine substanzielle Vergrößerung der Gesundheitshinweise beinhalten und den Aufdruck von abschreckenden Fotos vorsehen", betonte der Sprecher.
Nach Informationen aus EU-Kreisen sieht der Kommissionsentwurf vor, dass die Warnhinweise künftig drei Viertel der Vorder- und Rückseite der Zigarettenpackung einnehmen müssen. Die Bilder könnten lungenkrebskranke Menschen oder drastische Schäden an Zähnen und Füßen zeigen, die durch das Rauchen verursacht werden können. Die Markennamen dürfen künftig nur noch klein gedruckt werden. Das neue Design soll ab 2015 / 2016 gelten.
Die Menge der Zusatzstoffe, die unter anderem den scharfen Geschmack von brennendem Tabak überdecken sollen, will die Kommission reduzieren. Das könnte bedeuten, dass Aromen wie Vanillin, Honig, Schokolade, Zucker oder Menthol den Glimmstängeln nicht mehr beigemischt werden dürfen.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), begrüßte die Pläne der EU-Kommission. Ein Verbot von suchtfördernden Zusatzstoffen unterstütze sie ausdrücklich, sagte Dyckmans der MZ. "Zusatzstoffe wie Menthol mindern den Hustenreiz und fördern damit einen frühen Einstieg in das Rauchen", sagte sie. "Auch große Warnhinweise können eine sinnvolle Maßnahme sein, um Raucherinnen und Rauchern die gesundheitlichen Gefahren vor Augen zu führen." Ebenso könne ein Verbot von dünnen Zigaretten, die speziell Frauen ansprechen, das Rauchverhalten beeinflussen, sagte die FDP-Politikerin.
Tabakgegner und Tabakindustrie sind mit dem Entwurf dagegen nicht zufrieden. "Das ist eine herbe Enttäuschung", sagte Johannes Spatz, Leiter des Forums Rauchfrei. "Wir bleiben damit weit zurück hinter Australien, das Einheitsverpackungen eingeführt hat, die auch Großbritannien als Vorbild dienen." Er habe den Eindruck, dass die Tabaklobby erfolgreich arbeite.
"Für uns entsprechen die geplanten Maßnahmen einer Einführung der Einheitspackungen durch die Hintertür", sagte derweil Marcus Schmidt, Generalmanager von Reemtsma und Vorstandschef des Deutschen Zigarettenverbands. "Das kommt der Enteignung unserer Marken nahe. Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln wehren und wenn nötig bis zum europäischen Gerichtshof ziehen."
Die Vorlage der Tabak-Regeln hatte sich immer wieder verzögert. Vor wenigen Wochen war der bisherige EU-Gesundheitskommissar John Dalli über Bestechungsvorwürfe gestürzt. Eine ihm nahestehende Person soll gegen eine Millionenzahlung einem schwedischen Tabakunternehmen ein Gespräch mit dem Kommissar angeboten haben. Dalli bestreitet, davon gewusst zu haben.