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Swiss Life will AWD übernehmen

03.12.2007, 12:54

Hannover/Zürich/dpa. - In der Finanzbranche bahnt sich ein neuer Milliardendeal an: Der Schweizer Lebensversicherer Swiss Life will den deutschen Finanzdienstleister AWD für rund eine Milliarde Euro übernehmen. Den AWD-Aktionären soll 30 Euro je Anteil geboten werden.

Das kündigten die Unternehmen in Hannover und Zürich an. Der AWD-Vorstand befürwortet die Offerte und will den Aktionären die Annahme empfehlen. Die Familie Maschmeyer um Vorstandschef Carsten Maschmeyer, die derzeit rund 30 Prozent der Anteile hält, will rund zwei Drittel ihrer Aktien verkaufen, den Rest vorerst behalten.

Der Präsident der Konzernleitung von Swiss Life, Rolf Dörig, sagte in Zürich: «Swiss Life und AWD ergänzen sich hervorragend.» Die «strategische Partnerschaft mit AWD» öffne der Swiss Life den Zugang zu den Wachstumsmärkten Zentral- und Osteuropas und nach Österreich. Zugleich könne sie mit der Übernahme ihre Position in Deutschland und der Schweiz ausbauen. Maschmeyer betonte: «Mit Swiss Life haben wir einen starken Partner, der uns beim Erreichen unserer ehrgeizigen Wachstumsziele auch außerhalb Deutschlands unterstützt.»

Der nach eigenen Angaben größte Finanzdienstleiter in Europa will mit dem Zusammenschluss jetzt an die Weltspitze vorrücken. Maschmeyer werde auf dem Chefsessel bleiben. Die Aktivitäten des MDax- Unternehmens sollen weiter von Hannover aus gesteuert werden. Das Konzept der offenen Vertriebsplattform der AWD-Gruppe und der Marktauftritt als unabhängiger Finanzberater blieben erhalten, heißt es in der Mitteilung der Unternehmen.

AWD hat knapp 1,9 Millionen Kunden in Europa und vermittelt vor allem Produkte der Altersvorsorge und des Vermögensaufbaus. Ende Juni 2007 beschäftigte AWD 6343 Finanzberater, die in dem hart umkämpften Markt für private Altersvorsorge für Wachstum sorgen sollen. Mit 4367 Beratern arbeiten die meisten von ihnen in Deutschland.

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten hatten zuletzt für einen Dämpfer der Geschäftserwartungen gesorgt, nachdem AWD in den ersten sechs Monaten 2007 noch das beste Halbjahr seiner Geschichte gemeldet hatte. Von Januar bis Ende Juni erzielte die Gruppe 388,2 (Vorjahr 351,7) Millionen Euro Umsatz, das EBIT wuchs von 37 auf 43 Millionen Euro - unterm Strich standen 31,5 (26) Millionen Euro Gewinn. Der Rest des Jahres sei aber wegen der Finanzkrise schwer zu kalkulieren, die Kunden seien verunsichert, hieß es Mitte November.

Sorgenkind ist vor allem das Geschäft in Großbritannien, das Maschmeyer nun auf den Prüfstand stellt. «Wir werden das zusammen in den nächsten Wochen beraten und haben da mehrere Optionen», sagte er am Montag in Zürich.

Der Anteilsverkauf würde der Familie Maschmeyer rund 230 Millionen Euro einbringen. Die Swiss-Life-Offerte von 30 Euro je Aktie liegt rund 30 Prozent über dem Freitagsschlusskurs. Die AWD-Aktie hatte bereits in der vergangenen Wochen um knapp 25 Prozent angezogen. Am Montag schnellte die Aktie im Tagesverlauf um 30,22 Prozent auf 29,86 Euro nach oben.

Der Schweizer Versicherer hält bereits etwas mehr als fünf Prozent der Anteile an AWD und will die Offerte im Januar 2008 vorlegen. Für die 10 Prozent der Anteile, die die Familie nach der geplanten Übernahme behalten wolle, sei Swiss Life eine langfristige Option eingeräumt worden, sagte Dörig. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass Swiss Life «einmal 100 Prozent an AWD erwerben» werde.

Maschmeyer unterstrich, dass seine Familie an ihrem Engagement bei AWD festhalten wolle. Zugleich wehrte er sich gegen Vorwürfe, von dem Deal profitiere vor allem er selbst. «Wenn ich hätte Kassen machen wollen, hätte ich unsere 30 Prozent in einer Aktion angeboten.» Auch habe AWD trotz der Turbulenzen in der Branche sich nicht aus einer Position der Schwäche für einen Verkauf entschieden. Maschmeyer: «Es ist eine Partnerschaft der Stärke und hat überhaupt nichts mit Finanzsorgen oder Schwäche zu tun.»