Strom Strom: EnBW soll zu Dax-Konzern unter Staatskontrolle werden
Stuttgart/Paris/afp. - Baden-Württemberg kauft dem französischen Energieriesen EDF dessen 45-Prozent-Anteil für 4,7 Milliarden Euro ab und bringt den Konzern so komplett unter die Kontrolle von Land und Kommunen, wie die Landesregierung in Stuttgart am Montag mitteilte. Bei einem späteren Börsengang soll der Konzern demnach in den Dax aufrücken.
Zu Beginn des Jahrtausends war EDF bei EnBW eingestiegen. Nach und nach steigerte der französische Konzern seinen Anteil auf 45 Prozent, die Mehrheit blieb in der Hand baden-württembergischer Kommunen. EDF hatte aber stets das Ziel ausgegeben, die Mehrheit zu übernehmen und so auf dem deutschen Markt zu expandieren. EDF schaffte es aber nie, die Mehrheit zu erlangen.
Wie aus Kreisen der Landesregierung verlautete, wollte EDF deshalb nun seinen Anteil verkaufen. Es habe erste Indizien gegeben, dass es andere Interessenten gebe. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) habe einen solchen Einstieg anderer privater Investoren mit dem Deal verhindern wollen.
Der Konzern solle «in erheblichen Teilen oder komplett an die Börse» gebracht werden, erklärte die Landesregierung. Dies könne in sechs Monaten oder erst in zwei Jahren geschehen. Das Land erklärte, EnBW solle künftig einen Platz im Deutschen Aktienindex (Dax) erhalten. Der Konzern solle so vierter baden-württembergischer Dax-Konzern neben Daimler, HeidelCement und SAP sein.
Um im Dax notiert zu werden, sind zwei Kriterien entscheidend: Der Wert aller Unternehmensanteile und die Menge der gehandelten Aktien. Da EnBW bisher aber von zwei Großaktionären gehalten wurde, wurden kaum Papiere gehandelt. Bringt Baden-Württemberg aber große Teile des Versorgers an die Börse, wären die Voraussetzungen für einen Aufstieg in den Dax erfüllt.
EnBW ist der drittgrößte Stromversorger nach Eon und RWE. Das Unternehmen hat sechs Millionen Kunden und machte zuletzt einen Umsatz von über 15 Milliarden Euro.
Mappus erklärte, der Kauf solle den Steuerzahler nichts kosten. Baden-Württemberg rechne mit einem Plus für die Staatskasse. Der Handel solle durch die Ausgabe von Anleihen finanziert werden. Die Zinsen für diese Anleihen dürften demnach so niedrig sein, dass sie aus den von EnBW erzielten Gewinnen bedient werden sollen. Ob Baden-Württemberg den Konzern aber zu dem Preis an die Börse bringen kann, zu dem er die Aktien nun kauft, ist ungewiss.
Beobachter warnen davor, dass der Deal nicht ohne Risiko ist, weil der Aktienkurs von EnBW demnächst auch sinken könnte. So ist die Atomkraft ein wichtiger Pfeiler des EnBW-Geschäfts, weshalb der Konzern von dem Rechtsstreit um die Laufzeit-Verlängerungen abhängig ist. Zudem beharrt das Unternehmen als einziger der vier großen Stromversorger auf dem Besitz seines Stromleitungsnetzes. Die EU-Kommission drängt die Energiekonzerne allerdings seit langem zum Verkauf, Eon und Vattenfall haben ihr Netz bereits veräußert.
EDF teilte in Paris mit, der Konzern werde die Erlöse aus dem Verkauf verwenden, um Schulden von sieben Milliarden Euro zurückzuzahlen. Der Konzern teilte mit, Baden-Württemberg habe EnBW wieder stärker unter seine Kontrolle bringen wollen. Zudem sei ein «unsicheres und komplexes wirtschaftliches Umfeld» für die Entscheidung entscheidend gewesen.