Streit um Flughafen Streit um Flughafen: Säge sorgt für Starterlaubnis
Altenburg/MZ. - Es war ein normaler Freitagnachmittag, als die Nachricht kam. Dietrich Wieland erinnert sich genau, denn "das hat uns wie ein Faustschlag getroffen", sagt er. Von einer Minute auf die andere standen alle Räder still auf dem Flugplatz Altenburg, dessen Flughafencafé Wieland betreibt.
Das Verkehrsministerium in Erfurt hatte dem Airport, von dem der Billigflieger Ryanair seit Mai 2003 nach London startet, die Betriebserlaubnis entzogen. Reisende, die vor Weihnachten zum Shoppen in die englische Hauptstadt fliegen wollten, mussten sich in Bussen nach Erfurt fahren lassen, wohin Ryanair kurzfristig auswich.
Als Grund gab Verkehrsminister Andreas Trautvetter (CDU) Verstöße gegen Sicherheitsauflagen an. Bäume an der Landebahn seien zu hoch, dadurch könnten Großflugzeuge den Anflugwinkel nicht einhalten, der für die Sicherheit der Passagiere nötig sei. "Allein bei mir wackelten da vier Arbeitsplätze", beschreibt Wieland.
Auf dem Flughafen, 1913 eröffnet und zu DDR-Zeiten von der Sowjet-Armee genutzt, bangten 40 Angestellte um ihre Jobs. Im strukturschwachen Ost-Thüringen eine Zahl, die die Gemüter bewegt. Schnell vermuteten die Menschen einen Zusammenhang zwischen der Sperrung und der Ankündigung von Ryanair, die schlecht ausgelastete Linie Erfurt-London einstellen zu wollen. Die CDU-Regierung favorisiere Erfurt, das SPD-regierte Altenburg werde geopfert.
Gerüchte, die in den letzten Wochen immer neue Nahrung fanden, obwohl Minister Trautvetter beteuerte, das Land habe nicht 13 Millionen in Altenburg investiert, "um den Laden zuzumachen." Auch Ministeriumssprecher Dietmar Müller versichert, dass das Land getan habe, was geboten war: "Auch wenn es nur kleine Abweichungen von den Auflagen gab - Abweichungen sind Abweichungen." Letztlich geht es um 1,30 Meter: Müssen Flugzeuge bei der Landung im Normalfall 50 Meter Strecke haben, um einen Meter zu sinken, so besagt die Ausnahmegenehmigung für Altenburg, dass dort 40 Metern reichen müssen. Der steilere Winkel sei unbedenklich, heißt es bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). "Altenburg", sagt ein Sprecher, "ist so sicher wie jeder andere deutsche Flughafen."
Dennoch gab die Landesregierung ein Gutachten in Auftrag. Und das kam zum Ergebnis, dass den Flugzeugen durch Bäume am Landebahnrand nur 38,7 Meter zur Verfügung ständen, um einen Meter zu sinken. Anfang Dezember schon sei das dem Flughafen bekannt gewesen, sagt Müller. "Es wäre Sache des Betreibers gewesen, zu handeln." Dies sei nicht geschehen, sondern lieber seien Schuldzuweisungen verteilt worden.
Folge war ein Hickhack, das kaum zu durchschauen ist. Der Flughafen verwies auf die Tatsache, dass ein Teil der störenden Bäume jenseits der Landesgrenze in einem sächsischen Naturschutzgebiet steht. Flughafenangestellte demonstrierten, die Bundesregierung lehnte eine Einmischung ab, die DFS sah "den Ball allein in Thüringen" liegen. Zuletzt stellte sich dann heraus, dass rund 80 000 Quadratmeter Baumbestand auf thüringischem Gebiet wurzeln, also doch gefällt werden können.
"Das ist nun geschehen", sagt Ministeriumssprecher Dietmar Müller, "Ryanair kann also wieder starten." Altenburgs Landrat Sieghardt Rydzewski (SPD) nennt das eine "erwartete Entscheidung", zweifelt aber, "dass damit schon ein Durchbruch erreicht sei". Zwar startet Ryanair ab Dienstag wieder nach London, die erneute Ausnahmeregelung aber gilt vorerst für drei Monate. Café-Wirt Dietrich Wieland, der seine Gaststätte heute wieder öffnet, ist dennoch optimistisch. "Weil niemand wagen wird, noch mal so ein Theater zu provozieren".