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Stilllegung Stilllegung: Gipswerk in Lochau schließt nach sechs Jahren

Von Frank Zimnol 28.10.2003, 18:48

Halle/MZ. - Ein erst sechs Jahre altes Gipswerk in Lochau (Saalkreis) soll zum Jahresende geschlossen werden. Die Anlage war 1997 für 30 Millionen Euro von der Firma SPM errichtet worden und wurde im August dieses Jahres von der Knauf Gips KG (Iphofen) übernommen. Jetzt schließt Knauf das Werk. Personalchef Jörg Schanow begründete dies damit, dass in Lochau noch ein zweites Gipswerk betrieben wird, das für Knauf ausreichend sei.

Im Gipswerk Lochau der SPM GmbH & Co. KG ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Die Mitarbeiter haben es schwarz auf weiß, dass ihre Tage im Unternehmen gezählt sind. Zum Jahresende will der Eigentümer der Baustoff-Anlage, die Knauf Gips KG (Iphofen) in der Saalkreis-Firma die Lichter ausgehen lassen. Die Belegschaft fühlt sich heruntergeputzt.

Für die 14 Mitarbeiter ist unverständlich, dass dieses hochproduktive Werk - es war erst vor sechs Jahren für 30 Millionen Euro gebaut worden - stillgelegt werden soll. "Das riecht nach Marktbereinigung zu Lasten des Ostens", sagte am Dienstag einer von drei empörten Mitarbeitern der MZ. Sie wollten anonym bleiben, weil sie auf Kündigungsschutz geklagt haben.

Jörg Schanow, Personalchef bei Knauf, hielt auf Anfrage der MZ dagegen, dass dieses Werk im August 2003 als Teil einer Paketlösung, zu der noch ein zweiter Betrieb am Standort, nämlich die Gipswerk Lochau GmbH & Co. KG sowie ein Gipswerk im rheinischen Niederaußem gehört hätten, übernommen worden sei. Die Schließung eines der beiden Lochauer Werke sei Bestandteil des Kaufvertrages gewesen, erklärte der Manager. Der vorherige Eigentümer habe diesen Schritt ohnehin vorgehabt. Ihn letztlich auszuführen, sei zugegebenermaßen eine undankbare Aufgabe. "Im Interesse des Gesamtpaketes haben wir diese Kröte geschluckt", fügte Schanow hinzu. Anspruch auf einen Sozialplan hätten die Entlassenen nicht, weil es sich um eine Personengruppe von weniger als 20 handele, berief sich der Knauf-Personalchef auf einen Passus im Gesetz.

Im SPM-Werk Lochau - der neue Eigentümer Knauf hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, den Namen zu ändern - macht sich Verbitterung breit. Die Beschäftigten erinnerten daran, dass sie im Vorjahr in zwei für die deutsche Gipsbranche schwierigen Situationen in die Bresche gesprungen waren. Als das Werk des Konkurrenten Fels in Schraplau bei Querfurt umgestellt werden musste, hätten sie Sonderschichten zuhauf gefahren, um die Marktlücke auszufüllen, erzählte einer der Betroffenen. Das gleiche sei der Fall gewesen, als es beim Konkurrenten Rigips eine Havarie gegeben habe. "Dafür waren wir gut genug. Nun aber setzen sie uns auf die Straße", erregte sich einer der Entlassenen.

Die beiden Lochauer Betriebe verarbeiten den im Eon-Kraftwerk Schkopau bei der Rauchgasentschwefelung der Braunkohle anfallenden so genannten Rea-Gips zu Grundprodukten für Mörtelputze, Estrich oder Gipsbauplatten. Knauf schmücke sich im Internet damit, diesen Rohstoff gezielt mit zur Baumaterial-Herstellung in entfernt gelegenen Werken zu verwerten, um dortige Naturgips-Ressourcen zu schonen, erzählte ein SPM-Mitarbeiter. "Besser wäre es doch, diesen Rea-Gips gleich in Lochau zu Fertigprodukten zu verarbeiten", so seine Meinung. Schanow machte geltend, dass Knauf in Lochau nicht über entsprechende Verarbeitungswerke verfüge. Deshalb müsse der Rea-Gips ins fränkische Iphofen bzw. nach Rottleberode im Südharz transportiert werden.