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Stiftung Leucorea Wittenberg Stiftung Leucorea Wittenberg: Zaudernd auf dem Weg nach oben

Von Corinna Nitz 19.02.2002, 11:56

Wittenberg/MZ. - Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts,das materiell von der Sparkasse unterstütztwurde und in Zusammenarbeit mit der SektionGesundheits- und Pflegewissenschaften derWittenberger Stiftung Leucorea erfolgte, stelltedie Diplompädagogin jetzt in Wittenberg vor.Dabei deutete sie an, wie überrascht sie gewesensei, dieses Phänomen bei Oberinnen und Pflegedirektorenaus Ost und West vorgefunden zu haben. SchaarschmidtsFazit: "Keine der Frauen plante den Aufstieg."Vielmehr seien sie vor allem von Ärzten oderaus der Verwaltung aufgefordert worden, dasAmt einer Oberin auszuüben. Eine Erkenntnis,die von Karin Rauch bestätigt wird.

Die 43-jährige ausgebildete OP-Schwester ausWittenberg wurde nach der Wiedervereinigungvon vorgesetzten Ärzten ermuntert, die Stelleder leitenden Oberschwester anzutreten. Motto:"Sie können das doch." Karin Rauch betontjedoch ausdrücklich, in keiner Weise gewusstzu haben, was da auf sie zukommt. Auch dies,so Heike Schaarschmidt, sei übereinstimmendvon den befragten Frauen bestätigt worden.Zudem sahen sich alle nach Übernahme des Amtesmit der Frage nach dem Profil der Aufgabenkonfrontiert.

Auf Gemeinsamkeiten bei der Erforschung von"Berufsverläufen und Berufsauffassungen vonleitenden Pflegekräften in den neuen und altenBundesländern", so übrigens der volle Titelder Studie, ist Schaarschmidt bei den Gründenfür die Berufswahl gestoßen. Demnach hättenalle Befragten irgendwann in ihrem Leben "denWunsch verspürt, anderen Menschen helfen zuwollen". Häufiger als in den alten Bundesländernentschieden sich Ostfrauen für den Beruf derKrankenschwester aus Gründen der ökonomischenAbsicherung. Dagegen ging es Frauen im Westennicht selten darum, familiäre Bindungen zulockern.

Gravierende Unterschiede machte Heike Schaarschmidtbei der Klärung so genannter Kontinuitäts-und Diskontinuitätsmodelle aus. So fällt auf,dass es im Osten für Krankenschwestern beziehungsweiseOberinnen ebenfalls die Wahl zwischen demSingleleben mit Verzicht auf Partnerschaft (dafür hatte sich eine Interviewpartnerinentschieden) und dem Dasein als "Doppelarbeiterin"gegeben hat. Letztere brachte Familie undBeruf unter einen Hut, was fünf der befragtenFrauen gelungen sei. Im Westen entschiedensich lediglich zwei der acht Gesprächspartnerinnenfür die Doppelbelastung. Dafür kam eshäufiger vor, dass eine Frau mehrfach in denBeruf ein- und ausgestiegen ist, etwa wennsich Kinder ankündigten.Als gravierendsterUnterschied zwischen den Berufsverläufen inOst und West kann vielleicht eine Voraussetzungbei der Karriereplanung benannt werden: dieZugehörigkeit zu "der" Partei. Gezielt warHeike Schaarschmidt bei ihrem Vortrag in Wittenbergauf die Rolle der SED angesprochen worden.Wie sie betonte, sei mindestens die Nähe zurSED eben nicht nur von Vorteil, sondern invielen Fällen unabdingbar gewesen, um denSprung von der Krankenschwester ins Amt derOberin zu schaffen. "Oppositionelle wurdenkeine Pflegedienstdirektoren", so die Pädagogin.Und auch dies bestätigt Karin Rauch, die allerdingsauf Grund des Mauerfalls gar nicht erst inBedrängnis geraten ist.

Wie Heike Schaarschmidt betonte, die mit dieserForschungsarbeit promovieren möchte, handeltes sich nicht um repräsentative Ergebnisse.Es sei darum gegangen, "ein Problem aufzuzeigen".