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Steuern Steuern: Anleger können Gutschrift für Auslandsaktien nachfordern

06.03.2007, 09:12

Luxemburg/Berlin/dpa. - Den deutschen Staatskassen drohen daher Steuerausfälle von bis zu fünf Milliarden Euro. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte am Dienstag in Luxemburg die bis Ende 2000 in Deutschland praktizierte steuerliche Benachteiligung bei Dividendenzahlungen von Auslandsunternehmen.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) kritisierte den Richterspruchscharf und befürchtet «schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen».(Rechtssache C-292/04). Nach seinen Angaben entfällt die Hälfte der fünf Milliarden Euro auf den Bund. Der exakte Steuerausfall hänge vonden Anträgen auf Steuererstattung ab. Berlin hatte gehofft, dass derEuGH die Auswirkungen seines Urteils auf die öffentlichen Haushalteberücksichtigt und die Rückwirkung zeitlich beschränkt. Die oberstenEU-Richter lehnten aber eine zeitliche Beschränkung derUrteilswirkung in dem nun entschiedenen «Fall Meilicke» rundweg ab.

Die vom EuGH beanstandete frühere Regelung hatte eineSteuergutschrift für Dividenden im Rahmen der Einkommensteuerausgeschlossen, wenn die auszahlende Gesellschaft ihren Sitz nicht inDeutschland hatte. Aus Sicht der obersten EU-Richter verstieß diesgegen den freien Kapitalverkehr in der EU. Sie kippten die Vorschriftaus zwei Gründen: Zunächst behindere sie Anleger, die Ausschüttungenvon ausländischen Unternehmen erhalten. Zudem würden ausländischeUnternehmen eingeschränkt, in Deutschland Kapital zu sammeln.

In Deutschland hatten Privatleute gegen die steuerliche Regelunggeklagt. Der Fall war dem EuGH vom Kölner Finanzgericht vorgelegtworden. Das Finanzministerium nannte zumindest die Ablehnung derzeitlichen Beschränkung der Urteilswirkung überraschend. Es ist derAnsicht, dass beide in der Rechtsprechung des EuGH entwickeltenVoraussetzungen für eine zeitliche Beschränkung der Urteilswirkungenerfüllt gewesen seien. Neben den drohenden Ausfällen von bis zu fünfMilliarden habe zum Zeitpunkt der Änderung der Rechtslage erheblicheUnsicherheit über Anforderungen des Gemeinschaftsrechts an dieAusgestaltung der Körperschaftsteuer bestanden.

Der Fall ist kompliziert und beschäftigt das Luxemburger Gerichtschon länger. Ein Generalanwalt des Gerichts - ein hoher Gutachter -hatte sich zuvor für eine zeitliche Beschränkung des Urteilsausgesprochen, eine Generalanwältin hatte jedoch später genau diegegenteilige Ansicht vertreten. Berlin hätte den Aktionärenausländischer Gesellschaften eine Steuergutschrift gewähren können,die nach der geschuldeten Körperschaftssteuer im Heimatland desUnternehmens berechnet worden wäre, schrieb das Gericht nun. Einesolche Lösung würde den freien Kapitalverkehr weniger behindern. Dasdamalige Steuersystem erlaubte es laut Gericht Anlegern inDeutschland, gegenüber dem Fiskus drei Siebtel der an sie gezahltenDividenden von der Einkommensteuerschuld zu kürzen.

Die Geschichte des Falls reicht in die 90er Jahre zurück. Von 1995 bis 1997 erhielt ein Anleger Dividenden von Unternehmen aus den Niederlanden und Dänemark. Nach seinem Tod im Jahre 2000 beantragten die Erben für diese Ausschüttungen eine Steuergutschrift beim Finanzamt. Ohne Erfolg. Die Erben zogen dann vor das Finanzgericht Köln, das dann den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte.