Steueraffäre Steueraffäre: Deutsche-Bank-Chef Fitschen in der Kritik
Frankfurt/Essen/dpa. - Die Deutsche Bank bemüht sich nach der Steuerrazzia um Normalität - doch die Kritik an Konzernchef Jürgen Fitschen reißt nicht ab. Dass der Manager seinen Beschwerdeanruf bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) dem Vernehmen nach inzwischen bedauert, reicht manchem nicht.
„Herr Fitschen sollte klarstellen, dass er sich einer unabhängigen Justiz gegenübersieht“, forderte Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) auf „Handelsblatt Online“ (Dienstag). „Wer Macht hat, steht nicht über dem geltenden Recht.“ Die „Bild“-Zeitung zitiert den Vize-Ministerpräsidenten mit den Worten: „Ich finde es unglaublich, dass ein gestandener Banker wie Herr Fitschen auf die Idee kommt, sich bei der Politik über das Vorgehen von Ermittlungsbehörden zu beschweren.“
Fitschen hatte sich nach der Durchsuchung der Deutschen Bank vergangene Woche Mittwoch telefonisch bei Bouffier beklagt, dass der massive Polizeieinsatz verheerend für das Image des Geldhauses sei. Der Ministerpräsident stellte nach Angaben seines Sprechers klar, „dass es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sind, in die er sich nicht einmischen könne“.
Am Montag verlautete aus Fitschens Umfeld, er bedauere den Anruf inzwischen und halte ihn für einen Fehler. Fitschen selbst ging am Montagabend in Essen bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Steuerrazzia nur mit einem Satz direkt auf das umstrittene Telefonat ein: „Ich bin etwas heiser, ich musste öfter telefonieren.“
Weiter sagte Fitschen - dem Vernehmen nach mehr auf die gesamte Branche als auf das eigene Haus gemünzt: „Wir stehen in der Kritik - zu Recht.“ Der 64-Jährige, der die Bank seit Juni gemeinsam mit dem Investmentbanker Anshu Jain führt, bekräftigte seinen Anspruch, eine neue Kultur in Deutschlands größtem Geldhaus zu etablieren: „Deswegen habe ich für unser Haus gesagt, dass wir die Kultur ändern müssen.“
Fitschen erklärte: „Ein wesentlicher Bestandteil liegt darin, Verantwortung wieder stärker bei uns zu verankern: Verantwortung bei jedem einzelnen Mitarbeiter in der Bank, auch kontrolliert durch die Gruppe und vorgelebt.“ Dazu verpflichte sich die Bank - „ungeachtet dessen, dass wir eine Vergangenheit haben, die es abzuarbeiten gilt“, sagte Fitschen in Essen.
500 Fahnder hatten am vergangenen Mittwoch unter anderem die Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt durchsucht. Ermittelt wird wegen schwerer Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate).
Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat 25 Beschäftigte im Visier, darunter Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause. Die beiden Vorstände hatten die - später korrigierte - Steuererklärung für das Jahr 2009 unterschrieben. Fünf Mitarbeiter wurden verhaftet, vier davon blieben zunächst in Untersuchungshaft.
Die Deutsche Bank versicherte mehrfach, sie werde bei der Aufklärung „vollumfänglich mit den Behörden kooperieren“. In dem Verfahren, das im April 2010 mit einer ersten Razzia bei der Deutschen Bank öffentlich geworden war, waren im Dezember 2011 sechs Bankkunden als Betreiber von Umsatzsteuerkarussellen zu Haftstrafen verurteilt worden. Vor einigen Monaten suspendierte die Deutsche Bank mindestens fünf Händler, die an dem illegalen Zertifikatehandel beteiligt gewesen sein sollen.
Der Bundesverband Deutscher Banken (BdB) bekräftigte, dass Fitschen wie vorgesehen zum 15. April 2013 neuer Verbandspräsident werden soll. Die Frage nach einem Abrücken von diesem Plan stelle sich nicht, sagte der amtierende BdB-Präsident Andreas Schmitz der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag): „Fitschen ist der Richtige an der Spitze des Verbandes.“