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Staatsfinanzen Staatsfinanzen: Bund sagt Privatkunden adé

Von Bernd Salzmann 03.07.2012, 17:29
Verschiedene Euro-Geldscheine. (SYMBOLFOTO: DPA)
Verschiedene Euro-Geldscheine. (SYMBOLFOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/MZ. - "Das Bundesministerium der Finanzen hat unter dem Gebot einer möglichst kostengünstigen Gestaltung der Kreditaufnahme des Bundes entschieden, das Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren (...) nicht weiter fortzusetzen und den Vertrieb von Privatkundenprodukten zum Jahresende 2012 einzustellen", teilte die Finanzagentur des Bundes in Frankfurt am Dienstag auf Anfrage mit.

Die Finanzagentur ist die Schuldenmanagerin des Bundes. Bei ihr konnten Privatkunden bislang gebührenfrei Bundeswertpapiere kaufen und kostenlos auf sogenannten Schuldbuchkonten verwahren. Sie sind vergleichbar einem Depot bei einer Bank oder Sparkasse. Nun werden Schuldbuchkonten zum Auslaufmodell. Sie werden aufgelöst, sobald alle dort hinterlegten Wertpapiere fällig geworden sind. Neue Konten werden nur noch bis zum Jahresende eröffnet. Frisch aufgelegte börsennotierte Wertpapiere können schon vom 22. August 2012 an nicht mehr auf ein Schuldbuchkonto übertragen werden.

Geschichte sind bald auch Anlageprodukte wie Bundesschatzbriefe und Finanzierungsschätze. Von ihnen werden von 2013 an keine neue Serien aufgelegt. Obendrein stellt die Finanzagentur vom nächsten Jahr an den direkten Vertrieb von Bundesobligationen und die Tagesanleihe ein, die auf der Homepage der Schuldenmanagerin selbst am Dienstag noch als "das wohl auffälligste Zeichen für einen Wandel im Privatkundengeschäft" gefeiert wurde. Die Tagesanleihe, die dem Tagesgeld bei einer Bank oder Sparkasse vergleichbar ist, war im Juli 2008 an den Markt gebracht worden und sollte eigentlich der Auftakt zu einem Ausbau des Privatkundengeschäfts der Finanzagentur sein. Dagegen wehrten sich stets jedoch die Lobbyorganisationen der Finanzwirtschaft. Offenbar mit Erfolg: Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierungsparteien heißt es, der Bund dürfe nicht in Wettbewerb mit privaten Anbietern treten.

Zuletzt machte das Privatkundengeschäft des Bundes mit 8,5 Milliarden Euro weniger als ein Prozent der umlaufenden Bundesschuld aus. Zur Premiere der Tagesanleihe hieß es noch, daraus sollten bis Ende 2013 bis zu fünf Prozent werden. Nun heißt es, dieses Geschäft sei zu arbeitsintensiv und daher zu teuer.

Die Kehrtwende des Finanzministeriums trifft die Inhaber von 335 000 Schuldbuchkonten. Sie können künftig nur noch börsennotierte Bundeswertpapiere wie zehn- oder 30-jährige Staatsanleihen über eine Bank oder Sparkasse erwerben. Dafür fallen Gebühren beim Kauf der Titel und Depotkosten an.

Roland Aulitzky vom Verbrauchermagazin Finanztest bedauerte den Strategiewechsel des Bundes. Mit den Bundesschatzbrief werde "ein richtiger Klassiker" eingestellt, sagte er der Berliner Zeitung. "Das ist ein dicker Hund." Für Kleinanleger bedeute es obendrein eine deutliche Verschlechterung, wenn der gebührenfreie Erwerb von Wertpapieren und die kostenfreie Verwahrung der Titel aus dem Angebot der Finanzagentur entfalle. Als schweren Fehler kritisierte auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, die Direktive aus dem CDU-geführten Ministerium. "Die Bundesrepublik macht sich damit vollständig abhängig vom Kapitalmarkt", sagte er dem Handelsblatt.