Sportartikel Sportartikel: Licht und Schatten in der Adidas-Bilanz

München/rtr. - Damit sind neue Rekordwerte im Jahr der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele zwar nicht in Gefahr. Das Ergebnis könnte ohne die Reebok-Verfehlungen aber noch besser ausfallen.
Im ersten Quartal spürte der Konzern keine Konjunkturabkühlung. Im Gegenteil: Umsatz und Gewinn stiegen viel deutlicher als von Analysten erwartet, wie Adidas am Montag mitteilte. Die Prognosen für 2012 wurden leicht angehoben. An der Börse sorgte das für Jubelstimmung: Adidas-Aktien legten zeitweise 6,6 Prozent zu und markierten bei 63,75 Euro ein neues Rekordhoch.
Die Franken hatten Reebok 2006 für gut drei Milliarden Euro übernommen, um den Abstand zum Branchenprimus Nike, der vor allem in den USA dominiert, zu verringern. Doch so richtig aufgegangen ist der Plan nicht. „Man kann ein Fragezeichen dahinter machen, ob sich die Übernahme gelohnt hat“, sagte Equinet-Analyst Ingbert Faust. Es sei damals der falsche Preis gezahlt worden. Die Lage bei Reebok sei schlechter gewesen als erhofft. Strategisch sei der Zukauf trotzdem richtig gewesen, um noch mehr Marktmacht zu bekommen.
Zuletzt hatte Reebok zwar Fortschritte gemacht, die Liste der Probleme ist aber lang. In der Wirtschaftskrise schrieben die Amerikaner rote Zahlen, die Marge kann noch immer nicht mit den Adidas-Einheiten mithalten. Und Negativ-Schlagzeilen sind keine Seltenheit. In Japan rügten Wettbewerbshüter unzulässigen Druck auf Einzelhändler, Preisnachlässe bei bestimmten Schuhen zu verhindern. In den USA wurde aus Sicht der Handelsaufsicht mit den Werbeversprechen für angeblich muskelaktivierende Schuhe übertrieben. Wegen falscher Angaben zu den gesundheitlichen Vorteilen musste Reebok 25 Millionen Dollar Strafe zahlen. Und 2012 dürfte der Umsatz fallen, weil der Ausrüstervertrag mit der US-Football-Liga NFL endet. Dadurch fehlen rund 200 Millionen Dollar. Adidas-Chef Herbert Hainer hatte sich trotzdem immer wieder zu Reebok bekannt und auf Fortschritte durch den jüngsten Umbau verwiesen. Reebok soll sich künftig vor allem auf den Fitness-Bereich und hier primär auf Frauen fokussieren.
Nächste Reebok-Baustelle ist nun aber zunächst Indien: Adidas wollte keine Details zu den Unregelmäßigkeiten nennen. Der Konzern wolle den selbst aufgedeckten Fall erst genauer prüfen. Juristische Schritte wurden bisher nicht eingeleitet. Allerdings wurde das alte Management schon Ende März vor die Tür gesetzt. Neuer Indien-Chef ist der Kanadier Claus Heckerott, den Vertrieb leitet der Franzose Frederic Serrant. Adidas muss womöglich den Jahresabschluss für 2011 ändern, weil sich der Vorfall wohl vor 2012 ereignete. Insgesamt wird mit einem negativen Effekt von bis zu 125 Millionen Euro vor Steuern gerechnet. Reebok nimmt nun seine Geschäftspraktiken und Vertriebsabläufe unter die Lupe und bereitet Veränderungen vor. „Dies könnte zu einem zusätzlichen negativen Einmaleffekt in den verbleibenden Quartalen des Jahres 2012 in geschätzter Höhe von 70 Millionen Euro führen.“
Indien gehört nicht zu den zehn größten Märkten für Adidas. Reebok ist dort aber traditionell stark, etwa im Cricket, und sogar Marktführer. Das ist die US-Tochter sonst nirgendwo auf der Welt. In Indien hat die Marke 1000 Läden, Adidas als Nummer zwei noch einmal 800 Stores - jeweils überwiegend mit Franchise-Partnern.
Das Geschäft für Adidas läuft derweil weiter rund: Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 17 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Der Nettogewinn legte um 38 Prozent auf 289 Millionen Euro zu. Von Reuters befragte Branchenkenner hatten nur mit Erlösen von 3,59 Milliarden Euro und einem Überschuss von 232 Millionen gerechnet. Im Gesamtjahr erwartet Hainer nun einen Umsatzzuwachs von annähernd zehn Prozent. Bisher war ein Anstieg um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz in Aussicht gestellt worden. Der Überschuss soll um zwölf bis 17 Prozent auf 750 bis 785 Millionen Euro klettern. Hier war zuvor ein Anstieg von zehn bis 15 Prozent eingeplant gewesen.
Allerdings sind Prognosen bei Adidas immer sehr konservativ, damit der Vorstand sie im Jahresverlauf mehrfach anheben kann. Adidas verzeichnete von Januar bis März das fünfte Quartal in Folge zweistelliges Wachstum. Vor allem in China, Japan und bei der Golf-Marke TaylorMade fielen die Einnahmen höher als erwartet aus. Selbst in Westeuropa, wo der Konkurrent Puma zuletzt mit rückläufigen Werten kämpfte, betrug das währungsbereinigte Umsatzplus noch sieben Prozent. Puma schnitt insgesamt viel schlechter ab, spürte dabei Auswirkungen der Euro-Schuldenkrise: Trotz sechs Prozent steigender Erlöse war der Quartalsgewinn um knapp fünf Prozent auf 73,9 Millionen Euro gesunken. Weil Adidas und Nike das wichtige Fußball-Geschäft dominieren und bei der EM die meisten Teams ausrüsten, dürften sie auch im Gesamtjahr Puma abhängen.