Spielwaren Spielwaren: Bauboom mit Tradition: 125 Jahren Anker-Bausteine

Rudolstadt/dpa. - Sand, Kreide, Leinöl und Farbe sorgen seit125 Jahren für leuchtende Kinder- und Sammleraugen. Gepresst undgetrocknet entstehen aus diesen vier Zutaten sandsteinfarbene,ziegelrote und schieferblaue Bausteine für Schlösser, Burgen,Bahnhöfe oder Rathäuser im Miniaturformat. Rund 100 000 Baukästen hatdas kleine Rudolstädter Traditionsunternehmen Anker SteinbaukastenGmbH in den vergangenen zehn Jahren gefüllt. Am Wochenende feiert esein Doppeljubiläum: 125-jähriges Bestehen und zehn Jahre Neugründung.
Die Idee für das beliebte Spielzeug hatten die Flugpioniere Gustav und Otto Lilienthal. Die Ingenieure produzierten 1875 nach einemalten Rezept erstmals aus Sand, Kreide und Leinöl Bauklötze. Weil sieihr Produkt nicht clever genug vermarkteten, kaufte ihnen derRudolstädter Kaufmann Friedrich Adolph Richter (1846-1910) das Patentab. 1880 begann er unter seinem Firmenlogo, dem Anker, mit derProduktion von Steinbaukästen. Bald beschäftigte er 650 Mitarbeiterin seiner Fabrik.
Als rund 80 Jahre später Plastiksteine auf den Markt drängten,stellte das Rudolstädter Werk 1963 die Produktion ein. Jahrzehntelang konnten Liebhaber die Steine nur auf Tauschbörsen undFlohmärkten erwerben. Dazu zählte auch der pensionierte BerlinerAkustikprofessor Georg Plenge, der sich nicht mit dem Schicksal derAnker-Baukästen abfinden wollte. Der heute 76-jährige gründete vorzehn Jahren das Traditionswerk neu. «Er wollte sich einenpersönlichen Traum erfüllen und im Osten Arbeitsplätze schaffen»,erzählt Produktionsleiterin Bettina Schiebel.
Heute zählt die Bauklotzfirma neun Mitarbeiter. Ende Septemberbeginnt die Produktion für das Weihnachtsgeschäft. «Je nachAuftragslage stocken wir dann auf 18 bis 22 Beschäftigte auf», sagtSchiebel. An den hydraulischen Pressen produzieren die Rudolstädtertäglich bis zu 7000 Steine. Jeder Einzelne wird mit dem Messschieberkontrolliert. Stimmen die Maße nicht, kommt er in eine der«Spielstein»-Kisten, die bundesweit an Kindereinrichtungen verschicktwerden.
Die gepressten Steine werden bis zu neuneinhalb Stunden bei 110Grad im Ofen getrocknet. Die Baukästen füllen die Anker-Mitarbeiterper Hand. 13 verschiedene Kästen werden angeboten: der kleinste mit55, der größte mit 305 Steinen. Fünf weitere Modelle sollen in denkommenden Jahren hinzukommen.
«Liebhaber können auch Einzelsteine bestellen», sagt Schiebel. Soerhält etwa ein Privatmann aus Alaska jedes Jahr ein Paket miteinzelnen Bauklötzen aus Rudolstadt. Auch der ehemalige US-PräsidentBill Clinton und seine Frau Hillary gehören zum Anker-Club. DieExportquote der Thüringer Manufaktur liegt bei 40 Prozent.
Der einstige Firmengründer Richter besaß auch Produktionsstättenin New York, Sankt Petersburg und Wien. «Heute produzieren wir nurhier, aber wir liefern rund um den Erdball», sagt die Produktions-Chefin. «In jüngerer Zeit kommt auch der deutsche Markt allmählich indie Gänge.» Der Umsatz von Anker lag laut Schiebel im vergangenenJahr bei 700 000 Euro. Für das laufende Jahr erwartet sie ein einenleichten Anstieg - trotz der Konsumflaute am deutschenSpielwarenmarkt.