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Spannung vor erstem Votum über Rettungsplan

29.09.2008, 15:22

Washington/dpa. - Der mühsam ausgehandelte Kompromiss um den Rettungsplan für die US-Finanzbranche stand am Montag vor seinem ersten Belastungstest mit der Abstimmung im Abgeordnetenhaus.

Die 435 Mitglieder wollten noch im Laufe des Tages über das 700 Milliarden Dollar schwere Programm entscheiden, das den praktisch eingefrorenen Kreditfluss wieder in Gang setzen soll. Angesichts anhaltender Bedenken einer Reihe der 199 republikanischen Abgeordneten galt es als nicht völlig sicher, dass die notwendige Mehrheit zustande kommt.

US-Präsident George W. Bush rief eindringlich dazu auf, grünes Licht für den am Wochenende von Spitzenpolitikern ausgehandelten Plan zu geben. Er sprach von einer «außergewöhnlichen Vereinbarung, um ein außergewöhnliches Problem anzugehen». Es sei keine leichte Entscheidung, sagte der Präsident. Das «kühne» Programm werde jedoch helfen, zu verhindern, «dass die Krise sich durch unsere Wirtschaft hindurch ausbreitet». Der Kreditfluss werde wiederhergestellt. Mit einem Votum für das Programm könne der Kongress zugleich ein Signal an das Ausland senden. Die USA würden zeigen, «dass wir es mit der Wiederherstellung finanziellen Vertrauens ernst meinen».

Führende Vertreter des Abgeordnetenhauses und Senats hatten den 110-seitigen Gesetzentwurf nach einem dramatischen einwöchigen Tauziehen am Sonntag bekanntgegeben. Kernstück ist der von der Regierung geforderte 700-Milliarden-Dollar-Fonds, mit dessen Hilfe angeschlagenen Finanzhäusern faule Hypotheken-Kredite und darauf basierende Wertpapiere abgekauft werden sollen. Das soll die Banken massiv entlasten und ihnen wieder Luft verschaffen. Der Senat wird voraussichtlich am Mittwoch entscheiden. Die Präsidentschaftskandidaten der Republikaner und Demokraten, die Senatoren John McCain und Barack Obama, haben ihre Zustimmung signalisiert. Bush kann das Gesetz erst unterzeichnen, wenn beide Häuser zugestimmt haben.

Im Zuge der Verhandlungen im Kongress war der ursprünglich nur dreiseitige Entwurf des Finanzministeriums deutlich präzisiert, ergänzt und mit Auflagen verknüpft worden. So hatten Republikaner und Demokraten etwa eine striktere Aufsicht über die Verwendung der Gelder gefordert. In das Programm wurden ferner bessere Schutzvorkehrungen für die Steuerzahler, Erleichterungen für bedrängte Hausbesitzer und Einkommensbegrenzungen für Topmanager aufgenommen.

Nach dem Gesetzentwurf soll die Gesamtsumme nun zur Sicherheit in drei Tranchen aufgeteilt werden, die erste davon in Höhe von 250 Milliarden Dollar. Zur Kontrolle stellt der Kongress ein eigenes Aufsichtsgremium, zudem sollen der Rechnungshof und ein weiteres Gremium mit Notenbankchef Ben Bernanke die Geschäfte überwachen. Der Staat soll Anteile an den Finanzhäusern erhalten, die sich an dem Programm beteiligen. Sollte die Regierung, die die übernommenen Papiere wiederverkaufen will, nach fünf Jahren Netto-Verluste verzeichnen, sollen die Gelder per Gesetz von den beteiligten Instituten eingeholt werden können. Top-Gehälter und bestimmte Sonderleistungen sollen begrenzt oder ganz gestrichen werden.

Um bedrohten Hausbesitzer zu helfen, soll die Regierung unter anderem als Käufer von Hypothekenkrediten und Wertpapieren Druck auf Kreditdienstleister ausüben, um die Zahl von Zwangsversteigerungen zu verringern.

Nach Medienberichten war ungefähr die Hälfte der 199 republikanischen Abgeordneten, die im Grundsatz staatliche Eingriffe in den Privatsektor ablehnen, Stunden vor der Abstimmung im Abgeordnetenhaus noch unentschieden. Der Chefunterhändler für die Republikaner in der Kongresskammer, Roy Blunt, äußerte sich aber zuversichtlich, dass am Ende die nötige Mehrheit zustande kommen werde. Der republikanische Fraktionschef John Boehner sagte, eigentlich wolle niemand den Entwurf unterstützen. Er wolle jedoch jeden, der es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dazu aufrufen, mit Ja zu stimmen.

McCain hatte bereits am Sonntag gesagt, der Plan sei «für alle von uns schwer zu schlucken». Aber nichts zu tun, sei schlicht keine akzeptable Option. Obama zeigte sich zufrieden, dass «verbraucherfreundliche» Maßnahmen in das Programm aufgenommen worden seien, so ein besserer Schutz für die Steuerzahler und Hilfen für von Zwangsversteigerungen bedrohte Hausbesitzer.