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Solarzellenhersteller Solarzellenhersteller: «Über die Klippe helfen»

14.11.2011, 07:25

Halle (Saale)/MZ. - Die deutschen Solarzellenhersteller stecken in der Krise. Große Konzerne wie Q-Cellsschreiben rote Zahlen. Sachsen-Anhalt will den im Land ansässigen Unternehmen mit Darlehensprogrammen unter die Arme greifen und bei der Investorensuche helfen. MZ-Redakteur Steffen Höhne sprach mit Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) über die Perspektiven der heimischen Solarindustrie.

Glauben Sie, dass es in fünf Jahren noch eine Solarindustrie in Sachsen-Anhalt geben wird?

Wolff:Eine Solarindustrie wird es noch geben, aber mit einer anderen Ausrichtung.In derVergangenheit lag der Schwerpunkt stark auf der Produktion von Solarzellen und Modulen. In diesem Feld haben unsere Hersteller ihrePreis- und Technologieführerschaft verloren. Asiatische Hersteller haben deutschen Unternehmen zum Teil den Rang abgelaufen.Unsere Hersteller benötigen neue Technologien und Geschäftsmodelle.

Und wie sollen diese aussehen?

Wolff:Ein wichtiges Stichwort sind Systemlösungen.Dies könnten etwa Solarzellen für das Dach sein, mit einer dezentralen Speichermöglichkeit.Durch die zusätzliche Einspeisung von Solarstrom wird ein Ausbau der Stromnetze nötig. DurchSpeichermöglichkeiten ließe sich das gesamte Energiesystem kostengünstiger betreiben. Hier gibt es ein Wachstumsfeld.

Viele deutsche Solar-Unternehmenstehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. DieUmstrukturierung kostet Zeit und Geld - beides ist knapp. Wie kann das Landjetzt direkt Hilfe leisten?

Wolff:Das Land hatzusammen mit der Investitionsbank Sachsen-Anhaltein Darlehensprogrammauf den Weg gebracht. Das Volumen umfasst 50 Millionen Euro - zwei Anträge von Solar-Unternehmenliegen bereits vor. Wir fördern aber nicht mit der Gießkanne. Durch das Programm soll gezielt die Technologieführerschaft der Unternehmenwieder hergestellt werden. Zudem soll es helfen, Unternehmen mit kurzfristigen Liquiditätsengpässen über die Klippe zu helfen, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen.

Sie gehen damit das Risiko ein, dass sie jetzt fördern und in wenigen Monaten dennoch mit leeren Händen dastehen.

Wolff:Ganz ausschießen kann man das Risiko nicht, weil man nicht weiß, wie sich die Märkte entwickeln. Aber wir prüfennatürlich die Geschäftsmodelle. Uns liegen dabei auch Gutachten von unabhängigen Unternehmensberatungen vor.Wir wollen die Wahrscheinlichkeit minimieren, jetzt etwas zu fördern, was dann nicht erfolgreich ist. Unser Ministerium hat darüber hinaus eine Gesamtstrategie entwickelt, wie wir künftig fördern wollen.

Wie sieht die aus?

Wolff:Es gibt drei Regeln: Erstens, wir fördern Technologieführerschaft. Zweitens, Neuansiedlungen werden gefördert, wenn sie mit der Übernahme bestehender Produktionsstätten einhergehen. Uns liegen auch schon Anfragen von internationalen Solarunternehmen vor - beispielsweise aus Asien. Wir wollen damit erreichen, dass es keine unnötigenKapazitätserweiterungen gibt. Aus Landessicht ist es nicht so wichtig, welches Firmenschildan der Fabrik hängt, sondern dass die Technologie und die Arbeitsplätze hier bleiben.

Das Land sucht also Investoren für bestehende Unternehmen?

Wolff:Ja, wir suchen Partner für bestehende Produktionsstätten.

Und die dritte Regel?

Wolff:Die dritte geht in die gleiche Richtung. Neue Investitionen werden gefördert, wenn sie in Kooperation mit denbestehenden Solarfirmen vorgenommen werden. Wir wollen den Verdrängungswettbewerb vor Ort nicht forcieren.

Sie wollten sich auf Bundesebene auch dafür einsetzen, Nachhaltigkeitsstandards einzuführen, damit sich die Absatzchancen von heimischen Solarfirmen erhöhen. Das heißt etwa, dass kurze Transportwegemehr gefördert werden. Kommen Sie da voran?

Wolff:Dies haben wir über verschiedene Kanäle versucht. Auch die Grünen fordern diesauf Bundesebene. Das Problem ist, dass nationale Alleingänge kaum möglich sind. Schon auf EU-Ebene würde es wettbewerbsrechtliche Probleme geben.Es ist schwer umzusetzen.Es besteht die Gefahr, selbst wenn wir es mit Volldampf politisch forcieren,dass uns die Zeit für unsere örtlichen Hersteller wegläuft. Deswegen dürfen wir nicht nur darauf setzen, sondern leisten auch Soforthilfe für die Solarfirmen.