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Skandal bei der NASA: Sabotage und Alkohol im All

27.07.2007, 19:00

Washington/dpa. - Die US-Weltraumbehörde NASA muss erneut mit Skandalen fertig werden: Wenige Tage vor dem geplanten Start der Raumfähre Endeavour mussten sichtlich konsternierte NASA-Vertreter zugeben, dass einem Bericht einer unabhängigen Kommission zufolge in mindestens zwei Fällen US-Astronauten alkoholisiert in den Weltraum gestartet sind.

Die stellvertretende NASA-Verwaltungschefin Shana Dale sprach am Freitag in Washington bei der Vorlage des NASA-Berichts über «Besorgnis erregende Aspekte». Ohne nähere Einzelheiten zu nennen, kündigte sie weitere interne Untersuchungen bei der NASA und eine Verschärfung der bestehender Verhaltensregeln für Astronauten an.

Trotz der Warnungen von Ärzten und NASA-Mitarbeitern wegen drohender Sicherheitsprobleme sei angetrunkenen Astronauten gestattet worden, mit einer Rakete ins All zu fliegen, heißt es in dem zwölf Seiten langen NASA-Bericht. Die Astronauten haben demnach trotz eines ausdrücklichen Verbots sogar noch zwölf Stunden vor dem Start «erhebliche Mengen Alkohol» konsumiert. Die medizinischen Voruntersuchungen von Astronauten zielten nicht darauf ab, gegebenenfalls Alkoholkonsum aufzudecken. Der NASA-Führung sei von möglichen Problemen mit Alkohol nichts bekannt gewesen, betonte Dale.

Dem gegenüber kommt der Bericht allerdings zu dem Ergebnis, dass sehr wohl leitende NASA-Mitarbeiter informiert worden seien, diese aber Warnungen ignoriert hätten. Für den Bericht waren nach NASA-Angaben unter anderem 14 Astronauten und fünf ihrer Angehörigen anonym befragt worden.

Auslöser des jüngsten Skandals sind die Untersuchungen der NASA über die Hintergründe des Eifersuchtsdramas um die ehemalige US- Astronautin Lisa Nowak. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die 44 Jahre alte Ex-Astronautin der versuchten Entführung ihrer Nebenbuhlerin - der Luftwaffen-Offizierin Colleen Shipman. Während es sich dabei wohl um einen tragischen Einzelfall handelt, signalisiert der jüngste NASA-Bericht erhebliche Missstände und ein gewisses Lotterleben bei der NASA. Das werde «die Welt erschüttern» und eine Kongress-Anhörung werde nicht zu vermeiden sein, zitierte der US- Fernsehsender ABC den pensionierten NASA-Direktor Seymour Himmel.

«Von betrunkenen Astronauten habe ich noch nie gehört (...), aber natürlich gibt es bei den traditionellen Grillfesten vor einem Start Wein und Bier», berichtete der NASA-Arzt Jonathan Clark in einem Interview des US-Senders CNN. Die Astronauten stünden tatsächlich oft «unter einem enormen Stress und leiden oft unter großer Übermüdung», berichtete Clark. Viele Astronauten, die in den USA den «Status von Rockstars» hätten, feierten gerne und seien auch für Seitensprünge besonders anfällig.

Über die Hintergründe eines Sabotageakts an einem für die Internationale Weltraumstation ISS bestimmten Computer gab die NASA am Freitag nichts bekannt. Bestätigt wurde nur, dass ein Mitarbeiter einer Firma, die für die NASA arbeitet, Kabel eines Computers zerschnitten habe, der mit der Endeavour in den Weltraum gebracht werden sollte. Trotz der Sabotage soll der bisherige Fahrplan zum Start der Endeavour eingehalten werden. Der Computer werde repariert und die Raumfähre planmäßig am 7. August zur ISS abheben, sagte NASA- Manager Bill Gerstenmaier. Das Raumschiff mit sieben Astronauten an Bord soll Ersatzteile und neue Instrumente zur ISS bringen.

Bereits in der vergangenen Woche habe die Firma, die für die Lieferung und den Einbau des betroffenen Computers in die Raumfähre verantwortlich sei, über das Problem berichtet, hieß es von der NASA. Der Computer soll unter anderem Daten über Einschläge kleiner Weltraum-Teilchen auf der ISS sammeln und keinen Einfluss auf die Flugsicherheit haben.

Die Endeavour war seit mehr als vier Jahren nicht mehr im All. Sie sei grundlegend überholt und wie zuvor andere US-Shuttles mit neuer Sicherheitstechnik ausgestattet worden, teilte die NASA mit. Bei der anstehenden Mission soll sie elf Tage im All verbringen. Mindestens drei Außeneinsätze an der ISS seien für die Astronauten vorgesehen.