Serie «Menschen machen Wirtschaft» Serie «Menschen machen Wirtschaft»: Schwester erfüllt sich Traum
Freyburg/MZ. - Mit Freyburg verbinden viele Sekt und Wein. Die Unternehmen Rotkäppchen-Mumm und die Winzervereinigung Freyburg sind die Aushängeschilder - die größten Arbeitgeber am Ort sind sie nicht. Diesen Platz hat sich die ehemalige Krankenschwester Brigitte Bornschein als Jungunternehmerin erarbeitet.
Die 56-Jährige hat vor sechs Jahren in Freyburg mit 28 Mitarbeitern das Altenpflegeheim "St. Laurentius" gegründet. Derzeit arbeiten für sie 135 Beschäftigte, davon 79 als Voll- und Teilzeitpflegekräfte, die sich um 100 körperlich behinderte und demenzkranke Menschen kümmern. Wachstum ist für die Chefin nur Mittel zum Zweck: "Es geht mir darum, meine Vorstellungen umzusetzen und etwas für meine Kinder aufzubauen", sagt die Mutter von zwei Töchtern.
Von der Stadt erwarb sie das alte Hospital "St. Laurentius", welches schon ab dem 16. Jahrhundert als Armen- und Krankenhaus genutzt wurde. Jeder Winkel des Hauses trägt nach dem Umbau ihre Handschrift: Alte Schränke und Samtsofas - sie stammen zum Teil von ihren Eltern - stehen auf den Fluren, viel Licht fällt durch große Fenster, vier Katzen streunen umher. Und hinter dem Haus befindet sich ein großer Garten. "Die alten Menschen sollen sich möglichst wie zu Hause fühlen", sagt sie. Niemand bleibe tagsüber in den Betten - alle gingen nach unten ins "Wohnzimmer". Zu ihrer Arbeit gehört für Bornschein, dass sie die Bewohner mit Namen kennt und zum Teil ihre Biographie.
Geschichten über zum Teil katastrophale Zustände in deutschen Pflegeheimen, wo Alte sich in ihren Betten wund liegen, kennt Bornschein. "Es liegt oft nicht am fehlenden Geld oder zu wenig Stellen, sondern an der falschen Organisation." Ihre Heimbewohner verbringen im Sommer den Tag gemeinsam mit allen Pflegern im Garten. "Wenn ein Mitarbeiter eine Auszeit bei der Betreuung braucht, springt jemand anderes schnell ein."
Wenig Komfort besitzt dagegen ihr zwölf Quadratmeter Büro im Eingangsbereich, in dem sie und ihre Tochter Steffi Schindler die Geschäfte führen. Eine große Verwaltung gibt es nicht. Die will sie auch nicht, denn "starre Verhältnisse" waren ein Grund für die Selbständigkeit. Die gelernte Krankenschwester, die aus dem Saalkreis kommt und seit 30 Jahren in Freyburg wohnt, wurde nach der Wende Pflegedienstleiterin und Heimleiterin. "Ich spürte jedoch den Drang, etwas eigenes zu machen".
Dies wird anerkannt: Die Leiter anderer Pflegeheime in der Region beschreiben sie als "resolute Frau mit zwei goldenen Händen". Auch die Banken haben dies erkannt. Während Bornschein um den ersten Kredit hart ringen musste, entstand 2003 ein zweites Haus und ein drittes Heim ist in Planung mit Krediten. Rund 4,5 Millionen Euro hat sie bisher investiert - "ohne Fördermittel". Sie hätte auch sagen können, aus eigener Kraft.