Schuproduzent Schuproduzent: Salamander baut über 1300 Arbeitsplätze ab

Kornwestheim/dpa. - Der Schuh- und Dienstleistungskonzern Salamander will in seiner Verlust bringenden Schuhsparte in den nächsten Monaten insgesamt 1330 Stellen abbauen. In der Produktion fällt damit fast jeder zweite Arbeitsplatz weg. In Deutschland gehen 430 Jobs verloren, teilte die Salamander AG am Freitag in Kornwestheim mit. Geplant sei eine «massive Reduzierung der bisherigen Produktionskapazitäten». Zudem sollen zirka 20 Filialen in Deutschland geschlossen werden. Salamander beschäftigte in der Schuhsparte zuletzt 4760 Mitarbeiter, davon 2760 in der Produktion und 2000 im Handel.
Der Aufsichtsrat folgte damit in der seiner Sitzung am Donnerstag den Vorschlägen des Vorstandssprechers Michael Gaßner, der seit Mai 2002 im Amt ist. Die Produktion an den Standorten Vinningen/Pfalz (Betty Barclay) und Schrozberg im nördlichen Baden-Württemberg (Sioux) wird komplett eingestellt und ins Ausland verlagert. «Der Produktionsstandort Deutschland ist im Schuhbereich nicht mehr zu halten», sagte ein Unternehmenssprecher. Am Firmensitz in Kornwestheim werden 130 Stellen gestrichen, im Schuhhandel 100. Außerdem steht eines von zwei Werken in Ungarn mit etwa 900 Arbeitsplätzen vor der Schließung.
Die Einschnitte in der Schuhsparte sind nicht die ersten: Bereits im vergangenen Jahr hat sich die Mitarbeiterzahl nach Angaben von Salamander um 482 verringert. Nach erfolgreicher Sanierung wird gemäß den bisherigen Angaben ein Modell angestrebt, bei dem sich Partner als Gesellschafter an der Sparte beteiligen oder die Mehrheit übernehmen.
Unabhängig davon will die Mutter Energie Baden-Württemberg (EnBW) Salamander als Ganzes an einen Finanzinvestor verkaufen. Die Transaktion soll nach früheren Angaben von EnBW-Chef Gerhard Goll im ersten Halbjahr 2003 über die Bühne gehen. Laut einem Bericht des «Handelsblatt» (Freitagausgabe) fand Goll jedoch bislang keinen Investor und sei jetzt auch bereit, Salamander in Einzelteilen abzustoßen. Die EnBW wollte zu den laufenden Verhandlungen am Freitag keine Stellung nehmen.
Das 1885 als Schuhwerkstatt gegründete Unternehmen Salamander, bekannt für sein Maskottchen «Lurchi», ist im vergangenen Jahrzehnt zum Mischkonzern mutiert: Die insgesamt knapp 20 000 Mitarbeiter der verschiedenen Sparten bewirtschaften auch Parkplätze, reinigen Gebäude und bewachen Atomkraftwerke. Die Dienstleistungen kommen für knapp 60 Prozent der Umsätze, die im ersten Halbjahr 2002 bei 636,4 Millionen Euro lagen, auf und sorgen unterm Strich noch für einen Gewinn.
Allerdings steht und fällt das öffentliche Image des Unternehmens nach wir vor mit der Schuhsparte. Eine rechtzeitige Trennung von dem Geschäftsbereich hat Salamander nach Einschätzung von Branchenkennern verpasst. Eine wichtige Rolle soll dabei der frühere Vorstandschef Franz Josef Dazert gespielt haben. Der heute 77-Jährige übte auch nach seinem Abtritt 1989 als Vorsitzender des Aufsichtsrats noch bis Mitte 2001 Einfluss aus; durch radikale Maßnahmen sah er sein Lebenswerk in Gefahr. Dazert hatte Salamander stark auf den Schuhhandel mit dem früheren Ostblock ausgerichtet - eine Entscheidung, die die Sparte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs jedoch in Schwierigkeiten brachte.
Durch seine Kontakte gelang es Dazert mehrfach, eine baden- württembergische Lösung für Salamander einzufädeln - zuletzt durch den Einstieg des Energiekonzerns EnBW. Doch dessen Chef Goll, der weitere EnBW-Anteile an der Börse platzieren will und deshalb auf Gefälligkeiten keine Rücksicht mehr nehmen kann, freundete sich nie mit der neuen Tochter an. Anstatt mit Lurchi Fernsehwerbung zu machen, setzte die EnBW lieber auf Tom und Jerry.