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Schröders Rücktritt als SPD-Chef Schröders Rücktritt als SPD-Chef: Die Zukunft des Kanzlers liegt in Münteferings Hand

Von Torsten Kleditzsch 06.02.2004, 17:57

Halle/MZ. - Es ging nicht mehr, deshalb ging Gerhard Schröder und überließ den SPD-Vorsitz Franz Müntefering. Mit dieser überraschenden Entscheidung gestand der Kanzler am Freitag ein, als Parteichef gescheitert zu sein. Es gelang ihm damit aber zugleich, dem Richtungsstreit in seiner Partei die Spitze zu nehmen, bevor das Störfeuer ihm als Regierungschef gefährlich werden konnte. Schröder hat mit seiner Entscheidung außerdem deutlich gemacht, dass er an seinem Reformkurs festhält, weil er von dessen Richtigkeit überzeugt ist. Ob er dafür künftig die Mehrheiten in Partei und Fraktion findet, wird aber vor allem an Franz Müntefering liegen. Ohne ihn ist der Kanzler von nun an machtlos.

Einfacher wird es für Schröder also nicht. Fürs erste hat er ein paar Angriffsflächen aus dem Feld geräumt und Zeit gewonnen. Seine Partei erhält damit zumindest die Chance, wieder zu sich zu finden. Dass sie danach noch - oder besser - wieder hinter Schröder und seiner Politik steht, ist nun Münteferings Aufgabe. Der Kanzler selbst hat es als Parteichef nicht geschafft, seine Genossen aus Überzeugung mit ins Boot zu holen. Schröder hat zwar geworben und argumentiert, am Ende aber zu häufig gedroht, um eine getreue Gefolgschaft zu finden. Er wurde bewundert, wenn er Erfolg hatte. Er wurde akzeptiert, weil er die Macht versprach. Er fand aber nie das volle Vertrauen, weil Schröder zu sehr für Schröder arbeitete und die Partei nie ganz sicher sein konnte, wo und wofür er steht. Als er dann mit seiner Agenda 2010 für sich als Regierungschef den richtigen Platz gefunden hatte, war der Kanzler vielen aus den eigenen Reihen enteilt.

Schröder ist bekanntlich immer dann besonders gut, wenn es für ihn eng wird. Insofern müsste er in den nächsten Wochen zur Hochform auflaufen, denn viel enger kann es nicht mehr werden. Sein Abschied als Parteichef war die letzte Möglichkeit, die ihm blieb, ohne den Stuhl des Bundeskanzlers räumen zu müssen. Mit Drohungen, alles hinzuschmeißen, kann er niemanden mehr beeindrucken. Zu oft hat er diese Karte gespielt. In der nächsten Krise bliebe nur sein tatsächlicher Rücktritt als Kanzler.

Ob ihn sein Coup diesem Tag ein ganzes Stück näher gebracht hat oder ob es ein Befreiungsschlag war, wird davon abhängen, wie das Doppel mit Müntefering gelingt. Der Fraktions- und künftige Parteichef kommt aus der Mitte der SPD und versteht es, Erfolg zu organisieren. Er hat den viel beschworenen Stallgeruch und gilt zugleich als höchst loyal zum Kanzler.

Kann Müntefering die Kluft zwischen Regierung und Partei schließen, vermögen es die Sozialdemokraten wieder, vor Ort für rot-grüne Reformpolitik zu werben, hat Schröder die Chance, bis 2006 seinen Kurs fortzusetzen. Entpuppt sich der Konflikt als mehr als ein Vermittlungsproblem, findet sich die SPD abseits der von Schröder vertretenen Positionen, wird es bereits früher einen neuen Kanzler geben. Schröders Zukunft liegt damit zu großen Stücken in Münteferings Hand.