Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Bau-Industrie warnt vor Regelwut des Staates
Halle (Saale)/MZ. - Die Bauindustrie in Sachsen-Anhalt blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2011 zurück. "Keine Frage, das Vorjahr ist gut gelaufen", sagte am Donnerstag Hans-Dieter Steinbrücker, Präsident des Bauindustrieverbandes Sachsen / Sachsen-Anhalt, der MZ. So stieg der Auftragseingang in Sachsen-Anhalt gegenüber dem Vorjahr um 6,3 Prozent. Die Umsätze kletterten sogar um sieben Prozent auf 3,3 Milliarden Euro.
Steinbrücker hofft, dass sich die positive Entwicklung vor allem im Wohnungsbau fortsetzt. Dabei gehe es weniger um Neubauten, als vielmehr um die Aufwertung der Bestände. "Die energetische Sanierung ist für uns eine große Chance", sagte der Verbandspräsident. Doch auch vom Trend zum altersgerechten Wohnen erhoffe sich die Branche weitere Impulse. Deutlich schwieriger sei die Lage bei öffentlichen Aufträgen sowie bei Wirtschafts- und Industriebauten. "Gerade für kleine Betriebe sind die Kommunen häufig der entscheidende Auftraggeber", sagte Steinbrücker, "denen fehlen aber nach Ende des Konjunkturpaketes II die erforderlichen Mittel". Beim Wirtschafts- und Industriebau spüre die Branche die verbreitete Unsicherheit über die weitere Entwicklung. "Viele Investoren haben einen Gang zurückgeschaltet."
Ein Dorn im Auge sind der Bauindustrie zunehmende staatliche Regulierungen - etwa durch das im Land geplante Vergabegesetz. Vorgesehen ist dort, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an mehrere soziale Standards wie die Tariftreue der Firmen geknüpft ist. "Der bisherige Entwurf ist ein bürokratisches Monster", sagte Steinbrücker. So seien die Kommunen als Auftraggeber überhaupt nicht in der Lage, Aspekte wie die Tariftreue zu kontrollieren. Doch auch Appelle an die Unternehmen, künftig höhere Löhne zu zahlen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sieht der Verbandspräsident skeptisch. "In dieser Frage sollten die Tarifparteien sagen, wo es lang geht." Ohnehin müsse sich die Branche mit einem Mindestlohn von zehn Euro nichts vorwerfen lassen. "Bei dieser Zahl würden Gewerkschaften in anderen Bereichen vor Freude Purzelbäume schlagen."
Der Fachkräftemangel sei aber auch für die Bauindustrie ein enormes Problem. Grund seien unter anderem Defizite in der Ausbildung. Wer sich an einer Universität zum Bau-Ingenieur ausbilden lasse wolle, könne das in Sachsen-Anhalt nicht mehr. "Und wer einmal das Land verlassen hat, der kommt kaum noch zurück", sagte Steinbrücker. Die Folgen würden nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Bauverwaltung zu spüren sein. Auch dort würden Fachleute für die Genehmigung entsprechender Anträge fehlen. Steinbrücker übte jedoch auch Selbstkritik. "Viele Firmen haben das Problem zu lange vor sich hergeschoben."