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Russland Russland: Millionäre kämpfen gegen die Finanzkrise

Von Ulf Mauder 30.11.2008, 15:26
Der nordrhein-westfälische Spielzeugantiquitäten-Händler Andreas Xenidis steht am 28.11.2008 hinter einem Tisch auf der Millionärsmesse in Moskau. (FOTO: DPA)
Der nordrhein-westfälische Spielzeugantiquitäten-Händler Andreas Xenidis steht am 28.11.2008 hinter einem Tisch auf der Millionärsmesse in Moskau. (FOTO: DPA) dpa

Moskau/dpa. - Von den einst goldenen Zeiten war aber auf dem dreitägigen«Jahrmarkt des Luxus und der Eitelkeiten» mit Jachten, Privatjets undInselimmobilien mitten in der Finanzkrise nur noch wenig zu spüren.Das Messemotto «Zeit für Superhelden» sollte die Reichen und Schönenanspornen, den Rubel zur Rettung der Wirtschaft nun vor Weihnachtenwieder richtig ins Rollen zu bringen. Die deutschen und anderenausländischen Aussteller lobten zwar das Interesse der Besucher. Dochviele Hoffnungen auf das große und schnelle Geschäft mit denmegareichen Russen blieben unerfüllt.

Moskaus wohlhabende Laufkundschaft im Blick brachte etwa dernordrhein-westfälische Spielzeugantiquitäten-Händler Andreas Xenidisden gut 80 Jahre alten Steiff-Teddy «Petsy» für 150 000 Euro mit zuseinem ersten Besuch in Europas größte Stadt. «Mir sind neue Kontaktewichtig zu russischen Sammlern, die dies als Wertanlage durchaus zuschätzen wissen», sagt der Meckenheimer. Luxus verkaufe sich auch inKrisenzeiten. Der Münchner Computer-Händler Wolfgang Balga sieht dasähnlich. Er hat ein Laptop aus afrikanischem Edelholz, mit Tastaturaus Elfenbein und Swarovski-Kristallen für 50 000 Euro im Angebot.Wer mehr ausgeben will, kann auch Brillanten und Goldtasten haben.

«Man kann die Krise nur mit ihren eigenen Waffen schlagen», sagtMessechefin Jelena Kudosowa und meint das liebe Geld, das einfachausgegeben werden müsse. Um die Kauflust anzuheizen, gibt derImmobilienhändler Stanislaw Garin eine Wohnung nun für eine MillionUS-Dollar her, «die vorher noch das doppelte kostete». Bei einemAnti-Krisen-Seminar rät Starmoderatorin Xenia Sobtschak, eine Artrussische Paris Hilton, zu Sport und Hautpflege, um jeden Ärger zuvergessen. «Der neue Luxus - das ist die Zurückhaltung», lautet dieBotschaft des 27 Jahre alten Glamourgirls.

An seinem Stand für luxuriöse Privatjets und Busse mitNobelausstattung schwärmt der US-Amerikaner Thomas Kaufman von den«verrückten Zeiten» noch vor zwei Jahren. Damals brachten dieOligarchen die Millionen gleich im Koffer zur Messe. «Die hatten ihreschönen Frauen an der Hand, ein Fingerzeig oder Augenaufschlag derRussinnen genügte, und der Deal war perfekt», erzählt Kaufman. Seitvier Monaten spüre er die Kauf-Unlust der Russen doch deutlich. Vorihm liegt ein Werbeblatt für einen Hubschrauber, sofort lieferbar zumSonderpreis von 7,75 Millionen US-Dollar.

Die «Millionaire Fair» des Niederländers Yves Gijrath in dieserStadt mit mehr als 10 Millionen Einwohnern ist immer noch diewichtigste unter anderen wie in Amsterdam, Shanghai und zuletzt auchin München. Doch Moskaus Klatschpresse sieht die Zeit des Protzensvorerst am Ende. «Die Oligarchen reduzieren die Zahl ihrer Mätressennun von drei auf zwei. Sie werfen sich statt Viagra angesichts ihrerAktienverluste lieber Beruhigungsmittel ein», stellen Messe-Reporterdes Boulevardblatts «Moskowski Komsomolez» hämisch fest.

Die Champagnerlaune ist der Nüchternheit gewichen. Einige Gästeklagten sogar darüber, dass sie nicht einmal richtig satt gewordenseien an den Ständen der Luxusanbieter. Einzelne Juweliere staunten,dass «die ganz großen Steine anders als früher liegenblieben». VieleAussteller meinten, dass Russlands Millionäre und Milliardäre sichnun wohl lieber um ihre Geschäfte kümmern, als zu feiern und zushoppen. Tatsächlich stehen nicht wenige von ihnen wegen derFinanzkrise derzeit als Bittsteller im Kreml Schlange, um staatlicheKredite zur Tilgung ihrer Verbindlichkeiten im Ausland zu erhalten.