Rücktritt von Annette Schavan Rücktritt von Annette Schavan: Zack-Zack-Politik
Annette Schavan musste ihrer Freundin Angela Merkel am Wochenende ein Geschenk machen, ein Wahl-Geschenk. Der Rücktritt der Bildungsministerin soll Schaden von der Kanzlerin im beginnenden Bundestagswahlkampf abhalten. Ohne diesen Schritt hätte sich die Opposition an der Affäre sicherlich genüsslich bis zum September gelabt. Denn die Tränen, die von dort nach der Amtsaufgabe der Ministerin geflossen sind, es sind wie immer in solchen Fällen - Krokodilstränen.
Die Kanzlerin und ihre Regierung haben momentan kaum Freude. Schon die verlorene Landtagswahl in Niedersachsen war ein heftiger Hieb für das regierende schwarz-gelbe Bündnis in Berlin. Und die Sexismus-Debatte sorgt ebenfalls für die ungeliebte Schlagzeilen. Angela Merkel braucht mal wieder positive Nachrichten.
Ein Gericht wird jetzt prüfen: Hat die Universität Düsseldorf Annette Schavan den Doktortitel zu Recht aberkannt oder nicht? Vielleicht interessiert sich dann auch mal jemand dafür, ob eine 24-jährige Studentin nicht einfach überfordert war, das Thema "Gewissensbildung" mit eigenen wissenschaftlichen Thesen zu beleben. Hatte sie überhaupt eine Chance - außer mit einem "großzügigen" Auslegen der Zitate-Regeln - die in sie gesetzten Karriere-Erwartungen zu erfüllen?
Annette Schavan hat nun Zeit. Sie sollte ohne den Druck des früheren Amtes noch einmal ihre wissenschaftliche Leistung von damals selbstkritisch und in Ruhe bewerten.
Kanzlerin Merkel stellte in den vergangenen Tagen einmal mehr ihren ausgeprägten Pragmatismus unter Beweis - in ihrem eigenen Interesse. Eine Situation schnell erfassen und reagieren, das ist sicherlich eine ihrer Stärken. Da gibt es kaum ideologische Barrieren oder - wie im Fall Schavan - freundschaftliche Bindungen, die sie von harten Schnitten abhalten.
Die Kanzlerin demonstriert Führungsstärke und Entschlossenheit und kennt dabei kein Pardon. Im Fall Schavan und mit Blick auf die Bundestagswahl mag das richtig gewesen sein. Diese pragmatische, schnörkellose und vom Machtinstinkt getragene Zack-Zack-Politik kann einem aber auch schon Angst machen.
Kontakt zum Autor:Hartmut Augustin