Rückblick Rückblick: 1996 erreichte das Internet auf der CeBIT die Massen

Hannover/dpa. - Im März 1996 war der Zweikampf zwischen demMicrosoft-Produkt und der Konkurrenz «OS/2» von IBM aber schon zuGunsten von Gates und seiner Truppe entschieden. Schaut man sichrückblickend die Höhepunkte der CeBIT 1996 an, kann man feststellen,dass in diesem Jahr das Internet erstmals eine dominante Rolle aufdem Messegelände in Hannover spielte.
Während heute breitbandige Internet-Anschlüsse ohne irgendwelcheBegrenzungen für einige Euro im Monat zu haben sind, wurde damals derZugang zum Netz der Netze durchgängig im Minutentakt zu gesalzenenPreisen in D-Mark abgerechnet. T-Online halbierte allerdings auf derCeBIT 1996 seinen Minutenpreis von zehn auf fünf Pfennig. Außerdemstrich die Telekom-Tochter ersatzlos die heute unvorstellbare Gebührvon zehn Pfennig pro E-Mail. Mit den neuen Preisen wollte sich T-Online gegen den Ansturm der versammelten Konkurrenz wappnen: «AOLBertelsmann Online», wie AOL Deutschland damals hieß, CompuServe,Europe Online, Microsoft Network, germany.net und eine Vielzahl vonanderen Internet-Providern waren damals gegen den Ex-Monopolistenangetreten.
Der damalige Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) warntezur Eröffnung der CeBIT '96 vor den Schattenseiten des Internets undforderte, «Netzbeschmutzern» mit international gültigen Regeln dasHandwerk zu legen. Gleichzeitig startete er die Initiative «Schulenans Netz», die auch zehn Jahre später das von Rüttgers 1996formulierte Ziel noch nicht vollständig erreicht hat: «Die Schulensollen die Chance haben, aktuelles Online-Multimedia zu praktizieren.Sie sollen nicht Computer-Geschichte lernen, sondern Medienzukunftkennen lernen.»
Auf die aufkeimende Netzwerk-Begeisterung der Branche setzten aufder High-Tech-Schau vor zehn Jahren auch die US-Konzerne SunMicrosystems, IBM und Oracle. Sie warben auf der CeBIT 1996 für denNetzwerk-Computer, der ohne Festplatte und Diskettenlaufwerk auskommtund seine Programme übers Netz lädt. Den Vormarsch der Windows-PCs indie Büros und privaten Haushalte konnten Sun und Oracle mit demNetzwerk-Computer allerdings nicht stoppen. Das NC-Konzept war 1996einfach noch nicht ausgereift und nahm auch später nur einenNischenplatz ein. Die NC-Programmiersprache Java prägt hingegen bisheute die weltweite Software-Entwicklung und etablierte sich alserfolgreiches Gegenmodell zur Microsoft-Architektur.
Auch dem Versuch des deutschen Jung-Unternehmers Marco Börries,auf der CeBIT '96 als «David» der Software-Industrie den «Goliath»Microsoft herauszufordern, war nur ein begrenzter Erfolg beschieden.Börries' Firma StarDivision legte in Hannover ein Internet-tauglichesBüroprogrammpaket «StarOffice» vor, während das «Microsoft Office»damals noch nicht für eine Arbeit im Netz taugte. DieVormachtstellung des Microsoft-Programmpaket konnte «StarDivision»aber nicht aufhalten. Börries verkaufte sein Unternehmen 1999 an SunMicrosystems und arbeitet heute für den US-Internetkonzern Yahoo!.
Spannend hören sich auch noch heute einige Ankündigungen vonAusstellern der CeBIT 1996 an, denn sie sind in den vergangenen zehnJahren niemals wirklich funktionierend in die Realität umgesetztworden: Die Flugschein-Chipkarte, die kontaktlos beim Betreten denFlugzeugs ausgelesen wird, das digitale Diktiersystem, dasgesprochene Sprache absolut fehlerfrei in Text verwandelt oder der 3-D-Pointer am Handgelenk als lückenloser Ersatz für die Computermaus.
Nach dem Super-Boomjahr 1995 mit rund 750 000 CeBIT-Besuchernblieb bei der Messe 1996 der ganz große Ansturm aus, auch weil dieMessegesellschaft damals die Eintrittspreise von 32 auf 50 DM erhöhthatte, um den Anteil der Fachbesucher zu erhöhen. «Profis im Visier»,titelte die Computerzeitschrift «c't» in ihrer CeBIT-Bilanz. Rund600 000 Menschen fanden den Weg in die Messehallen.
Die vielen Privatbesucher und Schüler sollten nach dem Willen derMesse AG auf die CeBIT Home ausweichen, doch dieses Konzept ginglangfristig nicht auf. Nur zwei Mal, 1996 und 1998, fand der Ablegerder großen CeBIT statt. Im Jahr 2000, als das Messegelände inHannover durch die Weltausstellung Expo 2000 belegt war, wurden dieComputer-Begeisterten zur CeBIT Home nach Leipzig eingeladen. DieMesse wurde dann allerdings wegen geringen Interesses des Publikumsabgesagt.