Rolle der Psychiatrie in der DDR Rolle der Psychiatrie in der DDR: Forscher untersuchen "Seelenarbeit im Sozialismus"

Jena - Ein groß angelegtes Forschungsprojekt zur Rolle der Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie im Gesundheitssystem der DDR ist jetzt unter der Federführung des Universitätsklinikums Jena gestartet. Gemeinsam mit drei anderen Hochschulen will ein Team um Professor Bernhard Strauß unter dem Titel „Seelenarbeit im Sozialismus“ über vier Jahre hinweg unter anderem untersuchen, ob sich die Psychotherapie wie die anderen Disziplinen auch in den Dienst des Staates gestellt hat.
„Ob die Fachrichtungen in der Diktatur ausschließlich unterdrückenden Charakter gehabt haben, ist eine der wesentlichen Fragestellungen unseres Projektes“, erläuterte Strauß. Es sei nämlich denkbar, dass die Psychotherapie „durchaus auch subversive Tendenzen ermöglicht hat und unter Umständen sogar mit zum Ende der Diktatur beigetragen hat.“ Dies sei jedoch eine noch völlig offene Frage.
Das Projekt sei so konzipiert, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen benutzen würden, „angefangen von der vorliegenden Literatur aus den drei Disziplinen bis hin zu Akten und Berichten von Augenzeugen und Betroffenen, die wir in unterschiedlichen Kontexten erheben wollen“, so Strauß, Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie des Uniklinikums Jena. Darunter würden sicher auch Personen sein, die zum Beispiel von der Psychiatrie falsch behandelt wurden.
Zunächst werden die Wissenschaftler in Jena mit ihren Kollegen von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit der Forschungsarbeit beginnen. Die Fachhochschule Dortmund und die Universitätsmedizin Greifswald werden etwas später dazustoßen. Die dortigen Teams konnten bislang noch nicht vollständig zusammengestellt werden. (dpa)