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Rekordbleiche in Australien Riff am Limit: Great Barrier Reef verliert massiv Korallen

Rekordbleichen, Wirbelstürme, gefräßige Seesterne: Das Great Barrier Reef steht erneut unter massivem Stress. Experten sprechen von den schwersten Korallenverlusten seit Beginn der Messungen.

Von Carola Frentzen, dpa 06.08.2025, 09:15
Immer neue Korallenbleichen setzen dem Naturwunder schwer zu.
Immer neue Korallenbleichen setzen dem Naturwunder schwer zu. -/LTMP/dpa

Brisbane - Das größte Korallenriff der Welt verliert immer mehr an Farbe: Das Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens hat im vergangenen Jahr so viele Korallen verloren wie noch nie seit Beginn der Messungen vor fast 40 Jahren – zumindest in zwei der drei untersuchten Regionen. Hier sank die Korallenbedeckung dramatisch.

Hauptursache sei eine durch den Klimawandel ausgelöste Massenkorallenbleiche im vergangenen Jahr gewesen, teilte das Australian Institute of Marine Science (AIMS) in seinem Jahresbericht mit. Doch nicht nur die Hitze setzt den Korallen zu. 

Auch tropische Wirbelstürme und gefräßige Dornenkronenseesterne – stachelige Riffplünderer, die sich bevorzugt von Steinkorallen ernähren – machten dem Ökosystem schwer zu schaffen. Wenn diese Tiere in großer Zahl auftreten, können sie ganze Riffabschnitte innerhalb kürzester Zeit kahlfressen.

„Gestresstes Ökosystem“

Am stärksten von den Verlusten betroffen war der südliche Abschnitt des Riffs zwischen Proserpine und Gladstone, wo die Hartkorallenbedeckung um fast ein Drittel sank - von rund 39 auf 27 Prozent. In der nördlichen Region (Cape York bis Cooktown) betrug der Rückgang rund 25 Prozent, im zentralen Abschnitt (Cooktown bis Proserpine) immerhin noch knapp 14 Prozent.

Die Entwicklung sei besorgniserregend, sagte AIMS-Programmleiter Mike Emslie. „Wir beobachten seit rund 15 Jahren eine zunehmende Volatilität beim Korallenbewuchs“, betonte der Experte. Die Werte schwankten inzwischen stark – zwischen Rekordtiefs und -hochs in kurzer Zeit. „Das deutet auf ein gestresstes Ökosystem hin.“ 

Besonders betroffen seien Arten der Gattung Acropora, hieß es. Diese würden zwar schnell wachsen, seien aber extrem anfällig für äußere Einflüsse. So hatten sich diese Korallen zwischen 2017 und 2024 in vielen Riffen zunächst erholt - nun zählen sie zu den am stärksten geschädigten Blumentieren.

Für den Bericht wurden Beobachtungen an 124 Korallenriffen zwischen August 2024 und Mai 2025 ausgewertet. Auf den meisten (77) lag der Korallenbewuchs zwischen 10 und 30 Prozent, 33 Riffe wiesen zwischen 30 und 50 Prozent auf. Nur zwei Riffe erreichten Werte von über 75 Prozent, zwei weitere lagen unter 10 Prozent.

Korallenbleichen treten auf, wenn Korallen unter Hitzestress die auf ihnen lebenden Algen abstoßen, die ihnen Nahrung und ihre Farbe liefern. Zurück bleiben kalkweiße Korallenskelette – ein Zeichen, dass die Korallen geschwächt sind. Wenn die hohen Wassertemperaturen anhalten, können sie sich nicht mehr erholen und sterben ab.

Kaum noch Erholungsphasen zwischen den Bleichen

Die Bleiche 2024 sei Teil eines globalen Massenkorallensterbens gewesen, das bereits 2023 in der Nordhalbkugel begonnen habe, sagte AIMS-Chefin Selina Stead. Erstmals habe ein einziges Bleiche-Ereignis nahezu alle Korallenriffe in Australien betroffen – auch die in Westaustralien. Gleichzeitig handele es sich um die fünfte großflächige Korallenbleiche am Great Barrier Reef seit 2016 – und um die mit der bislang größten Ausdehnung. Für die Forscher ist das ein düsterer Meilenstein.

Besonders besorgniserregend ist Stead zufolge, dass die Abstände zwischen solchen Ereignissen kürzer würden. 2024 und 2025 sei das Riff zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrzehnts in zwei aufeinanderfolgenden Jahren massiv betroffen gewesen.

Weltnaturerbe als Heimat für unzählige Arten

Das Great Barrier Reef ist ein Naturwunder von gigantischem Ausmaß: Mit mehr als 2.300 Kilometern Länge und über 3.000 Einzelriffen ist es das größte Korallenriffsystem der Erde. Es erstreckt sich entlang der Küste von Queensland und ist Heimat für rund 400 Korallenarten, etwa 1.500 Fischarten und zahllose weitere Meereslebewesen. 

Seit 1981 zählt das Riff zum UNESCO-Weltnaturerbe. Schon lange warnen Experten, dass das empfindliche Ökosystem durch den Klimawandel, aber auch durch Umweltverschmutzung und Massentourismus bedroht ist.