Reform der Bankenaufsicht sorgt für Ärger
Berlin/Brüssel/dpa. - Die von der Bundesregierung angestrebte Reform der deutschen Bankenaufsicht stößt in der Finanzbranche auf teils scharfe Kritik.
Die Banken wehren sich unter anderem gegen Pläne, wonach die Finanzaufsicht BaFin künftig Aufsichts- und Verwaltungsräte abberufen kann, wenn sie fachlich ungeeignet oder unzuverlässig sind.
Der im Gesetzentwurf verfolgte reine «Fachexperten-Ansatz» sei verfehlt, heißt es in einer Stellungnahme der Kreditwirtschaft für eine Anhörung im Bundestags-Finanzausschuss, die am Mittwoch in Berlin stattfand. Kritik an den Reformplänen kam auch von der Bundesbank. Unterdessen präsentierte die Europäische Kommission in Brüssel ihre Pläne für eine radikal umgekrempelte EU-Finanzaufsicht, mit denen sie wichtige EU-Staaten wie Großbritannien und Deutschland offen herausfordert.
Die Pläne der Bundesregierung für die Reform der deutschen Bankenaufsicht sehen vor, dass künftig früher und besser eingegriffen werden kann. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll mehr Befugnisse erhalten. Bei besonderen Risiken soll sie höhere Eigenmittel und Liquidität verlangen können. Zudem sind zusätzliche Meldepflichten geplant. Die Zahl der Mandate für Geschäftsleiter und Mitglieder von Kontrollgremien soll begrenzt werden.
Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) gab in seiner Stellungnahme zu bedenken, «dass auch Aufsichtsräte, die mit hochkarätigen Fachleuten besetzt sind, Fehlentscheidungen treffen beziehungsweise Entwicklungen nicht richtig einschätzen können». Auch könne es nicht sein, dass an Mitglieder der Kontrollgremien offenbar strengere Anforderungen gestellt werden als an Geschäftsleiter, bemängelte der ZKA, dem die Verbände der privaten, genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Institute angehören.
Die Bundesbank gab zu bedenken, dass mit der Ausweitung der Spielräume «sehr hohe Anforderungen an die Aufsicht einhergehen, wenn bei der Bewertung der Risikosituation eines Instituts das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt werden soll». Dabei sollten auch staatshaftungsrechtliche Folgen im Auge behalten werden. Bei den Instrumenten zum Aufbau von «Kapitalpuffern» sollte eine international abgestimmte Vorgehensweise abgewartet und kein nationaler Alleingang gestartet werden, warnt die Bundesbank.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso schlug in Brüssel eine Reform vor, die für den Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektor EU-Aufsichtsbehörden mit Weisungsbefugnissen über nationale Aufseher vorsieht. Die Pläne sorgen allerdings für Zwist. Während sie einigen Experten und Ländern wie Frankreich nicht weit genug gehen, hat Großbritannien Widerstand gegen zu viel Macht für europäische Aufseher angekündigt.
Auch Deutschland ist nach den Worten von EU-Finanz- und Währungskommissar Joaquín Almunia in Brüssel bisher kein Verfechter einer verstärkten europäischen Finanzaufsicht gewesen. «Bei diesem speziellen Thema ... war Deutschland zögerlich», sagte Almunia der Deutschen Presse-Agentur dpa. Großbritannien, Deutschland und andere EU-Staaten hätten bisher Bedenken gehabt, Kompetenzen ihrer jeweiligen nationalen Aufseher abzugeben.
Bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag wehrte sich Finanzstaatssekretär Karl Diller (SPD) gegen die Kritik von EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD). Dieser hatte der deutschen Finanzaufsicht in der «Süddeutschen Zeitung» ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und betont, andere Länder stünden deutlich besser da.
Diller betonte hingegen, das Feld der Verlustbringer werde nicht von den deutschen, sondern von den amerikanischen Banken angeführt. Verheugens Behauptung, in Italien gebe es «keine Schrottpapiere», sei zudem «frei erfunden». Die Opposition schloss sich jedoch Verheugens Kritik an. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, bemängelte: «Jeder Lidl-Supermarkt in Deutschland wird stärker kontrolliert als die Banken.»