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Reaktion Reaktion: Psychologe warnt vor Medienrummel um Geiseln

21.07.2008, 16:19

Marburg/ddp. - Der Marburger Trauma-Experte Georg Pieper warnt vor einem zu großen Medienrummel um die drei freigelassenen Bergsteiger aus Bayern. Er rate von Interviews und Auftritten in Talkshowsentschieden ab, sagte Pieper am Montag im ddp-Interview. Opfer vonspektakulären Entführungsfällen würden gerne auch von öffentlichenPersonen benutzt, «die selbst glänzen wollen», sagte der Psychologe.Für die Betroffenen sei es dagegen am besten, mit ihren Familien undengen Freunden zu sprechen und professionelle Hilfe zu suchen.

Die 65, 47 und 33 Jahre alten Männer aus Ober- und Niederbayernwaren vor knapp zwei Wochen in der Türkei von Anhängern derverbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK entführt worden. Am Montag,einen Tag nach ihrer Freilassung, kehrten sie nach Deutschlandzurück. Die Männer waren bereits in der Türkei vor die Pressegetreten. Auch in Deutschland wollten sie sich direkt nach ihrerAnkunft am Münchner Flughafen gemeinsam mit dem bayerischenInnenminister Joachim Herrmann (CSU) öffentlich äußern.

Der vollständige Rückzug sei in einer Mediengesellschaft zwarnicht möglich, räumte Pieper ein. «Ihnen bleibt praktisch nichtsanderes übrig, als sich auch in der Öffentlichkeit für dieFreilassung zu bedanken», sagte er. «Mehr sollte es aber nicht sein.»

«Es wird oft suggeriert, als täte es gut, in der Öffentlichkeitüber das Erlebte zu sprechen - als Ersatz für die persönlicheVerarbeitung oder eine Therapie», sagte Pieper. «Das ist es aberüberhaupt nicht.» Den Opfern von Entführungen und Geiselnahmen helfeeine solche Öffentlichkeit nicht weiter, oft schade sie ihnenvielmehr. «Sie fühlen sich dann vollkommen unverstanden und kapselnsich irgendwann ganz ab», sagte er. Dies sei in der Vergangenheit inähnlichen Fällen mehrfach passiert.