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Rassismus an der Universität Rassismus an der Universität: «Für mich war 'Fidschi' ein ganz normales Wort»

Von Johannes Klemt 14.11.2009, 16:00
Weiterführendes Informationsmaterial verschiedener linker Gruppe ist reichlich vorhanden. (FOTO: JOHANNES KLEMT)
Weiterführendes Informationsmaterial verschiedener linker Gruppe ist reichlich vorhanden. (FOTO: JOHANNES KLEMT) [email protected]

HALLE/mz-web. - Die Referenten Anne Mehrer und Sebastian Striegel vom Verein Miteinander Sachsen-Anhalt haben diese Problematik in einem Seminar zum Thema Alltagsrassismus kritisch beleuchtet.

Im vergangenen Juni gründete sich die "Sozialistisch-demokratische Studierendenhochschulgruppe.DIE LINKE" (SDS.DieLinke) um Sprecher Ferdinand Lorenz und Mathias Melzer an der Martin-Luther-Universität Halle (MLU). Hintergrund waren die Hochschulwahlen und Bildungstreiks im vergangenen Sommersemester. "Wir wollten mehr machen als andere politische Hochschulgruppen, die nur zu den Wahlen in Erscheinung treten und sich sonst kaum für die Belange der Studierenden einsetzen", begründet Lorenz diese Entscheidung. "Wir stehen für mehr Demokratie, Toleranz und Akzeptanz, gleiche Bildungschancen für alle und treten neonazistisch-rassistischem Geschehen entschlossen entgegen."

Offiziell akkreditiert ist der SDS.DieLinke aufgrund der geringen Mitgliederstärke von anfänglich fünf Personen noch nicht. Generell gilt eine Hochschulgruppe allerdings schon dann als solche, wenn sie eine ratifizierte Satzung hat. "Die Gründung von Hochschulgruppen ist nach wie vor frei", betont Carsten Heckmann, Pressesprecher der MLU.

Die SDS.DieLinke ist eine bunt gemischte Gruppe. Mathias Melzer z.B. studiert gar nicht in Halle. Er kommt jedes Mal von Merseburg hier her, um sich zu engagieren. Dabei gilt der Abbau von Vorurteilen und Ausgrenzung ebenso wie das Einstehen für sozialistisch-demokratische Hochschulpolitik zu den wichtigsten Zielen der SDS.Dielinke. Die Mitglieder treffen sich jeden vierten Donnerstagabend des Monats in der halleschen Kneipe "Brauhaus" zur öffentlichen Sitzung. "Es gibt keine Mitgliedsbeiträge. Jeder, der sich für gute Diskussionen und politisches Engagement interessiert, ist herzlich willkommen", schildert Lorenz. Mittlerweile ist die kleine Hochschulgruppe auf acht Mitglieder angewachsen, die sich vor allem durch regelmäßige öffentliche Präsenz etablieren wollen. Dazu zählen auch Projekte, wie das Seminar gegen Alltagsrassismus. Die Gruppe hatte die Veranstaltung Anfang November gemeinsam mit dem Verein Miteinander Sachsen-Anhalt im Melanchtonianum, ein Gebäude am Campus der MLU, organisiert. Gleichzeitig wurde der Abend zum öffentlichen Debüt der neuen Hochschulgruppe.

Anne Mehrer und Sebastian Striegel vom 'Regionalen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus' gestalteten den Abend für die rund 25 Teilnehmer. Die SDS.DieLinke hatte die zwei Referenten vom Verein 'Miteinander Sachsen-Anhalt' eingeladen. "Die Interessentengruppe reicht vom Schüler bis hin zu Bürgermeistern und Stadträten", beschreibt Mehrer.

In Vorträgen stellen beide Referenten rassistisch geprägte Zitate aus unterschiedlichen Zeitepochen Deutschlands vor, darunter Sätze von Thilo Sarrazin (SPD) oder dem kürzlich verstorbenen Jürgen Rieger, ehemals NPD-Bundesvorstand. Auch Äußerungen wie "Intelligenzmäßig liegen die Neger unter den Deutschen" (Rieger im Sommer 2005) werden diskutiert und mit Hilfe verschiedener Definitionen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit bzw. Faschismus untersucht. "Heutiger Rassismus ist oft schon kulturell verankert und dass Universitäten kein rassismusfreier Raum mehr sind, dürfte auch schon aufgefallen sein", argumentiert Striegel. "Oft bemerken die Leute gar nicht mehr, dass ihre Äußerungen gerade fremdenfeindlich oder gar rassistisch sind", warnt Mehrer.

Das dreistündige Seminar sorgte insgesamt für unterschiedliche Eindrücke: Politikstudent Fabian Hunger zieht ein gemischtes Resümee: "Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Für jemanden, der noch nie bewusst mit Alltagsrassismus zu tun hatte, war das sicherlich spannend, aber ich kann hier nichts Neues für mich mitnehmen." Der 20-Jährige ist selbst politisch aktiv und hat bereits Erfahrungen mit Rechtsextremismus gemacht. "In meiner Heimat in Bautzen gibt es großen rechten Konsens." Hunger hält solche Abende für wichtig. "Unsere Gesellschaft braucht Vielfalt."

"Für mich war 'Fidschi' eigentlich immer ein ganz normales Wort“, kommt Daniela Moranick ins Grübeln, als sie den Hörsaal XVI verlässt. Die 21-Jährige studiert Maschinenbau in Merseburg. Sie zählt sich selbst zu linken Kreisen und wirkt nun etwas verunsichert. "Da merkt man erst mal, wie sehr wir auf das, was wir sagen, achten müssen."

Die Organisatoren sehen den Abend als vollen Erfolg. "Das war eine sehr offene und wenig vorurteilsgeladene Veranstaltung", beschreibt Mehrer und Striegel fügt hinzu: "Trotz der Raumsituation und der Teilnehmerzahl gab es lebendige Gespräche."