Presse: McCains Vize Palin nicht genügend überprüft
Minneapolis/dpa. - In den USA hält der Wirbel um die Vizekandidatin des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers John McCain, Sarah Palin, weiter an.
Wie die «New York Times» am Dienstag berichtete, gibt es Hinweise, dass ihr persönlicher Hintergrund vermutlich nur in aller Eile überprüft wurde, bevor McCain sie am vergangenen Freitag überraschend als seine Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten vorstellte. McCain habe sie erst vier oder fünf Tage vor seiner Ankündigung ernsthaft in Betracht gezogen und dann erst am letzten Tag überprüfen lassen, verlautete nach Angaben der Zeitung aus Kreisen seiner republikanischen Partei.
Am Montag war bekannt geworden, dass die 17-jährige Tochter Palins schwanger ist. Die Gouverneurin von Alaska tritt für sexuelle Enthaltung von Teenagern ein und ist strikt gegen Abtreibungen. Nach Angaben der «New York Times» soll die 44-Jährige auch in den 90er Jahren zwei Jahre lang in einer Partei Mitglied gewesen sein, die zeitweise für die Unabhängigkeit Alaskas eintrat. Zudem gebe es Vorwürfe, dass sie ihre Macht als Gouverneurin missbraucht habe, um einen Mitarbeiter zu entlassen.
Nach Informationen der Zeitung ist inzwischen ein Team der republikanischen Partei in Alaska, um den Hintergrund Palins genauer unter die Lupe zu nehmen.
Indessen eröffneten die US-Republikaner im Zeichen des Hurrikans «Gustav« ihren Wahlparteitag in Minneapolis-St. Paul (Bundesstaat Minnesota). Das Programm zum Auftakt war wegen des Sturms an der Golfküste drastisch geändert worden. In der nur etwa dreistündigen Eröffnungssitzung ging es hauptsächlich um Regularien. Das Programm für Dienstag und die folgenden Tage blieb zunächst offen.
Auf dem Parteitag soll McCain von den rund 2400 Delegierten offiziell als Präsidentschaftskandidat nominiert werden und Palin als Vize. Nach bisherigen Plänen ist dies für Mittwoch und dann für Donnerstag die Antrittsrede McCains geplant.
Der Parteitagsauftakt, bei dem die First Lady Laura Bush und McCains Ehefrau Cindy gemeinsam zu Geldspenden für die Hurrikan-Opfer aufriefen, wurde von zahlreichen Protestaktionen begleitet. Nach Medienberichten gingen etwa 10 000 Menschen auf die Straße, um gegen den Irakkrieg und insgesamt gegen die Regierung des republikanischen Präsidenten George W. Bush zu demonstrieren. Am Rande der Proteste kam es US-Medien zufolge zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Pfefferspray gegen Radikale ein, die mit Flaschen warfen und Reifen geparkter Autos zerschnitten.
Palin und ihr Ehemann Todd bestätigten unterdessen in einer Erklärung die Schwangerschaft ihrer Tochter Bristol. Darin hieß es, das junge Mädchen werde den Vater des Kindes heiraten. Zuvor waren Gerüchte im Internet aufgetaucht, denen zufolge der jüngste Sohn der Gouverneurin in Wahrheit Bristols Kind sei. Palin, so hieß es weiter, habe eine eigene Schwangerschaft vorgetäuscht, um danach das Kind als ihr eigenes auszugeben. Der kleine im Mai geborene Junge ist geistig behindert.
Ein McCain-Mitarbeiter wurde mit den Worten zitiert, der Präsidentschaftskandidat habe vor der Nominierung von der Schwangerschaft von Bristol Palin gewusst.
In ihrer Erklärung sagten die Eltern Palin, sie seien «mit fünf wundervollen Kindern gesegnet, die wir mit unserem ganzen Herzen lieben und die alles für uns bedeuten». Ihre Tochter Bristol und der junge Mann, den sie heiraten werde, würden sehr schnell die Schwierigkeiten erkennen, die mit dem Aufziehen eines Kindes verbunden seien. In dieser Zeit, da sie mit den Verantwortungen des Erwachsenenlebens konfrontiert sei, «weiß sie, dass sie unsere bedingungslose Liebe und Unterstützung hat».
Weiter baten Sarah und Todd Palin, die Privatsphäre ihrer Tochter und die ihres künftigen Ehemanns zu achten, wie dies bei Kindern von Kandidaten bisher Sitte gewesen sei.
Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama pflichtete bei. Die Schwangerschaft der Palin-Tochter sollte nicht zum Wahlkampfthema werden, sagte Obama in Monroe (Michigan). Die Familien der Kandidaten müssten tabu sein und erst recht die Kinder. Die Schwangerschaft habe keine Bedeutung bei der Einschätzung der Qualifikation Palins als Gouverneurin oder möglicher künftigen Vizepräsidentin.