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Post-Mindestlohn Post-Mindestlohn: Ein Fall von staatlich verordneter Preistreiberei

Von Günther M. Wiedemann 29.11.2007, 17:57

Halle/MZ. - Zwar haben Gewerkschaft und Unternehmen ihren Tarifvertrag jetzt präzisiert. Er soll nun definitiv nur für Firmen gelten, die überwiegend Briefe befördern. Damit ist klargestellt, dass Taxifahrer ebenso wenig darunter fallen wie Einzelhandelsgeschäfte, die Briefe annehmen. Diese Klarstellung ist gut.

Der Tarifvertrag, der jetzt für allgemeinverbindlich erklärt wird, hat aber unverändert einen schweren Stockfehler. Als er ausgehandelt wurde, waren die wichtigsten privaten Konkurrenten der Post AG nicht beteiligt. Es ist ein einmaliger Vorgang, dass ein Marktführer sich einen eigenen Arbeitgeberverband zimmert und dann Löhne für andere vereinbart; Löhne, die der Konkurrenz das Leben schwer machen und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen können.

Von der Politik vorgeschriebene Mindestlöhne gibt es in den meisten EU-Staaten. Weil dies dort nicht zu einem Abbau von Arbeitsplätzen geführt hat, fordern SPD und Gewerkschaften den gesetzlichen Mindestlohn auch in Deutschland. Löhne, die so gering sind, dass sie mit Hartz IV aufgestockt werden müssen, machen dies zu einem eingängigen Thema. Solche Fälle nehmen zwar zu, rechtfertigen aber keineswegs die Höhe des Post-Mindestlohns. Er liegt mit bis zu 9,80 Euro über dem Mindestlohn in den meisten EU-Ländern. Dies schwächt den Hinweis, dort seien Mindestlöhne ungefährlich für die Beschäftigung geblieben, also gelte dies automatisch auch für Deutschland. In den Niederlanden etwa beträgt der Mindestlohn 8,13 Euro. Die Tochter der Post AG zahlt dort im übrigen keineswegs das Honorar, das sie jetzt ihren deutschen Konkurrenten aufdrückt.

Die von Verdi und der Post gesetzte Marke liegt zudem noch deutlich über dem vom DGB geforderten Stundensatz von 7,50 Euro. Ist der Job einer Restaurant-Kellnerin weniger anstrengend als das Verteilen von Briefen? Der Post-Deal wird das Lohngefüge im Dienstleistungssektor nach oben treiben. Es geht eben um mehr als nur das Brief-Porto.

Das hätte die Union, die wirtschaftspolitische Kompetenz beansprucht, bedenken müssen. Der Post-Kompromiss sichert die marktbeherrschende Stellung des Ex-Monopolisten und erschwert Wettbewerb. Ausschlaggebend für das Einlenken der Union war der Wunsch, ein unbequemes Thema abzuräumen. Diese Hoffnung wird aber nicht aufgehen. Schon stehen andere Branchen beim Mindestlohn in den Startlöchern. Alle Hemmungen werden fallen. An die Verbraucher hat niemand gedacht. Wenn die Lohnspirale nach oben geht, wird dies die Preise mitziehen.

Kontakt zum Autor:Günther M. Wiedemann