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Porträt Klaus Tolksdorf Porträt Klaus Tolksdorf: Bewahrer des Rechtsstaats leitet Mannesmannprozess

Von Wolfgang Janisch 20.10.2005, 07:41
Klaus Tolksdorf, Vorsitzender Richter des Dritten Strafsenats am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. (Foto: dpa)
Klaus Tolksdorf, Vorsitzender Richter des Dritten Strafsenats am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. (Foto: dpa) dpa

Karlsruhe/Düsseldorf/dpa. - Im Mannesmannprozess gegen denDeutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und fünf weitere Angeklagte wirdder derzeit profilierteste Strafrichter des Bundesgerichtshofs (BGH)die Verhandlung am kommenden Donnerstag leiten. Klaus Tolksdorf,Vorsitzender des 3. Strafsenats, hat sich in einigen spektakulärenRevisionsverfahren den Ruf eines äußerst peniblen Richters erworben,der sich streng an die Grundsätze des Rechtsstaats hält.

Dass er gegen öffentlichen Druck weitgehend immun ist, hat der 56-jährige Topjurist vor allem in den Prozessen gegen die angeblichenHamburger Terrorhelfer bewiesen. Das weltweit erste Urteil wegen derAnschläge des 11. September 2001 gegen den Marokkaner Mounir ElMotassadeq hob Tolksdorfs Senat auf, ungeachtet der zu erwartendenKritik.

Tolksdorf, eher ein Mann der leisen Töne, beanstandete Mängel beider Beweiswürdigung, weil dem Angeklagten durch die restriktiveHaltung der USA ein möglicher Entlastungszeuge vorenthalten gebliebenwar - und offenbarte dabei sein Verständnis von Rechtsstaatlichkeit:«Für staatliche Gerichte kann der Kampf gegen den Terrorismus nichteinen ungeregelten, wilden Krieg bedeuten.»

Einen Hang zu starker Rhetorik demonstrierte der sonst bedächtigargumentierende Jurist auch, als er im Juni den Freispruch desebenfalls als Terrorhelfer angeklagten Abdelghani Mzoudi bestätigte:Der Rechtsstaat dürfe nicht mit Mitteln verteidigt werden, «die einePreisgabe seiner Prinzipien bedeuten würden».

Oft nimmt Tolksdorf die Kritik bereits vorweg. «Ein solchesErgebnis mag man als misslich empfinden», sagte er, als sein Senat imJuli die Neonazi-Parole «Ruhm und Ehre der Waffen-SS» für strafloserklärte - ein Urteil, das Paul Spiegel, Vorsitzende des Zentralratsder Juden, denn auch als «unglaublich» und nicht nachvollziehbarbezeichnete.

Tolksdorf - Honorarprofessor an der Universität Münster - gehörtdem BGH seit 1992 an, seit vier Jahren leitet er den wichtigenStaatsschutzsenat. Inzwischen hat er sich auch internationaleAnerkennung erworben: Vor kurzem wurde er zum Ergänzungsrichter anden Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawiengewählt.