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Porträt: David Cameron

Von Britta Gürke 06.05.2010, 17:56

London/dpa. - «Change» ist ein Lieblingswort von David Cameron. Er will sein Heimatland Großbritannien als Premier einem «Wandel» unterziehen. Die Gesellschaft soll sich wandeln, alles soll neu und besser als unter 13 Jahren Labour-Regierung werden.

Ob der Chef der oppositionellen konservativen Tories die Chance bekommen wird, Großbritannien umzukrempeln, wird die Parlamentswahl zeigen. Innerhalb seiner Partei hat Cameron seine Wandlungsbereitschaft jedenfalls schon mal in die Tat umgesetzt.

Lange Zeit galten die Tories auf der Insel als nicht wählbar. Die Erinnerung an die Zeiten unter Tory-Premierministerin Margaret Thatcher in den 80er Jahren und an die harten sozialen Einschnitte der «Eisernen Lady» waren noch zu lebendig. Der letzte Tory-Premier John Major wurde als graue Maus verspottet. Tory stand bei vielen für alt und versnobt.

Ganz anders der junge, frische Konkurrent Tony Blair von Labour, der seine Partei wieder auf Vordermann brachte. Cameron macht keinen Hehl daraus, dass er Blair als Vorbild sieht. Das hat ihm schon den Spitznamen «Blair der Tories» eingebracht. Und obwohl ihm viele alte Tory-Veteranen kritisch gegenüberstehen, hat Cameron es geschafft, das Image seiner Partei zu ändern - und sich selbst gleich mit.

Camerons Biografie liest sich geradlinig, in den Augen vieler Wähler aber viel zu glatt: Sein Vater war ein wohlhabender Börsenmakler, seine Mutter stammt aus einer Familie von Tory- Abgeordneten. Cameron war Schüler am privaten Eliteinternat Eton, sein Studium in Oxford schloss er mit Auszeichnung ab. «Er war einer meiner fähigsten Studenten», sagte ein Professor über ihn.

Verheiratet ist er mit der Stieftochter eines Lords. Mehrere Jahre arbeitete er als PR-Manager. Die Hobbys des 43-Jährigen: Reiten und Tennis. Sein politischer Karriereweg verlief steil nach oben. 2005 wurde er Chef der Tories, nur vier Jahre nachdem er zum ersten Mal als Abgeordneter gewählt worden war.

Doch genau dieses Image des glatten Karrieristen passt Cameron so gar nicht. Stattdessen hat er sich neu erfunden - als moderner Familienvater, der im Internet chattet, während er für seine Kinder das Essen kocht. Seine Medienwirksamkeit kam ihm dabei zur Hilfe: Mit seinen sprachgewandten, jugendlichen Auftritten machte er im Parlament und im Fernsehen eine gute Figur. Er wurde zum Sinnbild des neuen konservativen «Leaders» und zum Hoffnungsträger der Partei.

Während das Volk dem «Schnösel» Cameron zuerst eher skeptisch gegenüberstand, entwickelte er sich während der Wirtschaftskrise plötzlich für viele zur echten Alternative. Die Tories hatte Cameron bei seinem persönlichen Imagewechsel erfolgreich mitgezogen und mit eisernem Willen modernisiert.

Er holte mehr Frauen, Mitglieder ethnischer Minderheiten und bekennende Homosexuelle auf die Kandidatenlisten und kümmerte sich um moderne Themen wie Klimawandel, Familienpolitik und Armutsbekämpfung. «Wenn Sie konservativ wählen, wissen Sie, dass Sie eine frische neue Führung bekommen mit einem neuen Team», betonte er im Wahlkampf immer wieder.

Vor allem im vergangenen Jahr sah es so aus, als ob niemand mehr den Tories den Sieg bei der nächsten Parlamentswahl streitig machen könnte. Monatelang beherrschten sie die Umfragen, und auch kurz vor der Wahl sind sie weiter vorne. Doch die Liberaldemokraten und sogar Labour holen auf - der eindeutige Sieg ist längst nicht mehr sicher.

Im Wahlkampf spricht Cameron von den Tories als Alternative, will den Schuldenberg so schnell wie möglich abbauen, für weniger Staat sorgen und fährt eine sehr europakritische Linie. Im vergangenen Jahr erregte er Aufsehen und erntete unter anderem Kritik aus Deutschland, als sich die Tories einem umstrittenen europakritischen Block im EU- Parlament anschlossen.

Doch Camerons Kampagne ist besonders von seiner Darstellung als junger, dynamischer Familienvater geprägt. Seine Frau Samantha unterstützt ihn bei Wahlkampfveranstaltungen. Die Tatsache, dass sie jetzt auch noch schwanger ist und ein «Wahlkampfbaby» erwartet, passt gut ins Bild. Wenn Cameron für das nationale Gesundheitssystem NHS wirbt, berichtet er von seinem schwerbehinderten Sohn, der 2009 im Alter von sechs Jahren starb.

All das brachte ihm schon den Vorwurf ein, er benutze seine Familie als Requisite, bei ihm gehe Image über Inhalt. Doch Cameron verteidigt sich: «Ich möchte, dass mich die Menschen zu ihrem Premierminister machen, und dafür müssen sie auch etwas über mich wissen.»