Zu viele tote Helden Zu viele tote Helden: US-Nationalfriedhof Arlington muss erweitert werden
Washington/dpa. - Bis zu 30 Bestattungen gibt es jedenTag. Manchmal können Trauernde trotz der sorgfältigen Planung derFriedhofsverwaltung die Gewehrsalven hören, die bei einer anderenBeerdigung abgegeben werden - Dutzende Gräberreihen entfernt.
Schon jetzt sind Urnenbestattungen für das nächste Jahr geplant.Die sterblichen Überreste des teuren Angehörigen in Arlington ruhenzu wissen, ist für viele das Warten wert. «Es ist ein schöner Platz»,sagt eine Frau, die ein Blumengebinde auf ein noch frisches Grablegt. Es ist das ihres Sohnes. Im August ist er im Irak-Krieggefallen.
Arlington ist der berühmteste Friedhof der Welt - spätestens seit1963, als der ermordete Präsident John F. Kennedy dort beigesetztwurde. Mehr als 300 000 Menschen sind bisher auf dem landschaftlichschönen Gelände vor den Toren Washingtons bestattet worden: Soldaten,die während ihres aktiven Dienstes gestorben sind, Veteranen,Kriegshelden, Präsidenten, Oberste Richter, Minister, die einst auchUniform trugen, Ehepartner und minderjährige Kinder. Durchschnittlich6000 Grabstätten kommen jedes Jahr hinzu, allein im Laufe dervergangenen 12 Monate gab es fast 6800 Bestattungen.
Die Zahl steigt ständig, denn immer mehr Veteranen des ZweitenWeltkrieges sterben. Etwa tausend sind es jeden Tag, sagt die US-Behörde für Veteranen-Angelegenheiten, mehr als drei Millionen sindnoch am Leben. Hinzu kommen die Toten der Kriege im Irak und inAfghanistan. In Arlington wurden bisher mehr als 400 von ihnen zuGrabe getragen.
Kein Wunder, dass es dort und auf den etwa 120 anderen US-Nationalfriedhöfen zunehmend eng wird. Ein anderes Problem ist es,die vielen Bestattungen so zu koordinieren, dass eine Zeremonie nichtdurch andere gestört wird. So wird denn der 1864 gegründete und vomHeer verwaltete Friedhof zum ersten Mal seit den 1960er Jahrenerweitert. Gut 240 Hektar umfasst er zurzeit einschließlichVerwaltungsgebäuden und dem Gelände des historischen Arlington-Hauses. In dieser Villa lebte einst der Konföderierten-General RobertE. Lee mit seiner Frau Mary Anna Custis Lee, ein Abkömmling vonMartha Washington, der Ehefrau des ersten Präsidenten der USA, GeorgeWashington. Das Gelände wird nun um fünf Hektar beschnitten, um mehrToten Platz zum Ruhen zu geben. Weitere Hektar gibt das anliegendeFort Myers ab.
Zusammen mit der Erschließung bisher ungenutzter Friedhofsflächesoll in den kommenden zehn Jahren Raum für etwa 40 000 Gräber undrund 30 000 Urnenbestattungen geschaffen werden. WeitereAusbauprojekte sind ins Auge gefasst. Zusammen, so zitiert die«Washington Post» Friedhofschefverwalter John Metzler, dürfte dergewonnene Platz ausreichen, den Friedhof bis etwa 2060 für toteHelden offen zu halten. «Wir wollen ihn nicht schließen», sagtMetzler. «Arlington ist wirklich der nationale Friedhof unseresLandes.»
Aber vorerst heißt es für die Verantwortlichen weiterhin,Bestattungen über Bestattungen sorgfältig zu koordinieren. Fünf gabes neulich an einem Freitag um neun Uhr morgens, dann vier um zehn,sechs um elf und 15 zwischen 13 und 15 Uhr. Das sind mehr, als eseigentlich pro Tag sein sollen. «Aber wenn es sein muss, kriegen wires hin», sagt Vicki Tanner, Chefin des Friedhofsbestattungsdienstes.Sie studiert nach eigenen Angaben die täglichen Beerdigungsplanungen,Zeitpunkt und Umfang der Zeremonien und wählt dann entsprechend dieGrabstätte aus. Mitarbeiter planen die Route der Trauerzüge, umVerkehrsprobleme zu vermeiden, zumal dann, wenn die Särge auf einervon Pferden gezogenen Lafette zu ihrer letzten Ruhestätte gebrachtwerden.
Seit 30 Jahren arbeitet Tanner mittlerweile auf diesem Friedhof,der auf einer Hügellandschaft hoch über dem Potomac-Fluss imBundesstaat Virginia liegt. Aber noch immer ist sie von der Schönheitund Würde des Ortes ergriffen wie am ersten Tag, wie sie der«Washington Post» schilderte. «Dieser Platz ist ewig.»