Zapfenstreich für Wulff Zapfenstreich für Wulff: Pfiffe und Vuvuzela-Klänge zum Abschied
Berlin/MZ. - Mehrere hundert Protestierende versammelten sich am Donnerstagabend hinter Absperrungen am Rande des Tiergartens und störten mit Trillerpfeifen und Tröten den Großen Zapfenstreich zu Ehren Wulffs im Park von Schloss Bellevue.
Der scheidende Präsident verfolgte die Zeremonie gemeinsam mit Bundesratspräsident Horst Seehofer und Verteidigungsminister Thomas de Maizière von einem Podest aus. Wulff erschien blass und angestrengt, sein Mund fast wie zu einem Strich zusammengepresst. Seine Frau Bettina saß gemeinsam mit seiner Tochter Annalena in der ersten Reihe der Gäste, eingerahmt von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert.
Der größte Teil des Kabinetts war der Einladung demonstrativ gefolgt, die Opposition mied aus Protest gegen das Verhalten des Ex-Präsidenten die Zeremonie geschlossen. Viele hatten erklärt, Wulff hätte angesichts der Vorwürfe gegen ihn auf diese Ehrung besser verzichtet. Ungeachtet einiger Dutzend Absagen waren aber mehr Gäste zugegen als bei der Verabschiedung des vor zwei Jahren zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler.
Das Pfeifen und Tröten der Demonstranten tönte laut in den Park, wo 370 Soldaten des Wachbataillons und des Musikkorps der Bundeswehr den großen Zapfenstreich aufführten. Vor allem vor Beginn und in den Pausen zwischen den Musikstücken störte der Lärm die üblicherweise feierliche Zeremonie.
Zuvor hatte Wulff auf einem Empfang im Schloss zum letzten Mal als scheidender Präsident das Wort ergriffen und dabei sogar einen Anflug von Humor gezeigt. „Diesen Anlass hätte ich mir für das Jahr 2015 vorstellen können“, sagte er vor etwa 200 geladenen Gästen. „Nun ist es anders gekommen. Als Niedersachse hätte ich es wissen können. Es ist die Region auch von Wilhelm Busch. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“ Er empfinde Bedauern, aber vor allem Dankbarkeit und Zuversicht, sagte Wulff. Er hoffe, dazu beigetragen zu haben, „dass ein Nachdenken über unser deutsches Wir entsteht“. Die gemeinsame Zukunft hänge davon ab, „dass wir klare Zeichen setzen, wenn unser Zusammenleben und unsere freiheitliche Demokratie bedroht werden – darum war die Gedenkfeier für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt vor zwei Wochen ein so wichtiges Signal nach innen und in die Welt.“
Wulff ging nicht auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen seines Amtsgebarens als niedersächsischer Ministerpräsident ein. Er steht unter dem Verdacht der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit Bürgschaften für einen mit ihm befreundeten Filmunternehmer und war unter anderem deshalb in den vergangenen Monaten schwerer Vorwürfe ausgesetzt. Er wünsche Deutschland „eine politische Kultur, in der die Menschen die Demokratie als wertvoll erkennen und sich gerne für die Demokratie einsetzen, mit vielen positiven Erfahrungen“, sagte Wulff. Er gehe mit dem Gefühl der Neugier und der Vorfreude auf das, was komme. Er und seine Frau wollten sich weiterhin engagiert für das Land und seine Menschen einsetzen, sagte Wulff.
Bundesratspräsident Horst Seehofer würdigte als amtierendes Staatsoberhaupt Wulffs nur knapp zweijährige Amtszeit. Er habe sich vor allem um ein weltoffenes Land bemüht und dafür wichtige Impulse gegeben. Das mutige Eintreten für die Grundwerte einer offenen Gesellschaft, für Toleranz, für Religionsfreiheit, für die Menschenrechte sei eine wichtige Aufgabe, die ein Bundespräsident im In- und Ausland wahrnehmen könne. „Sie, lieber Christian Wulff, haben dies in würdiger Form und ruhigem Ton getan.“
