Weitere Vorwürfe gegen Ulla Schmidt
Berlin/dpa. - Trotz anhaltender Vorwürfe über die angebliche Verschwendung von Steuergeld beim Spanien-Urlaub von Ulla Schmidt hat sich die SPD hinter ihre Gesundheitsministerin gestellt.
«Das ist eine gestandene Frau, die wird das bestehen, da bin ich ganz sicher», sagte Parteichef Franz Müntefering am Dienstag. Der Bund der Steuerzahler beziffert die Kosten für die Fahrt von Schmidts Dienstwagen samt Fahrer an ihren Urlaubsort an der Costa Blanca auf fast 9400 Euro, weit mehr als vom Bundesgesundheitsministerium angegeben. Einer Sprecherin Schmidts wies die Berechnung zurück. Unterdessen wurde bekannt, dass Schmidts persönliche Referentin am Wochenende ebenfalls an den Urlaubsort der Ministerin flog.
Die Frau war auf Bildern von dem Treffen Schmidts mit deutschen Senioren in Els Poblets nahe dem Urlaubsort der Ministerin, Denia, zu sehen. Die Sprecherin wollte sich dazu ebensowenig äußern wie zu anderen Details. Laut «Bild.de» wollte Schmidt am Dienstagabend nach Deutschland zurückfliegen. Erwartet wurde, dass sie an diesem Mittwoch an einer Klausur der SPD-Spitze in Potsdam teilnimmt.
Die Reise koste den Steuerzahler knapp 9400 Euro, sagte der Geschäftsführer des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, der «Bild»- Zeitung (Dienstag). Der Bund veröffentlichte die Berechnung, nach der unter Berufung auf den ADAC für Benzin, Steuern und Abnutzung 1,52 Euro pro Kilometer veranschlagt werden - insgesamt 3800 Euro. Die Kosten für den Fahrer betrügen 29 Euro pro Stunde, was bei sieben Tagen 4872 Euro ausmache. Die Unterbringung veranschlagt der Verband auf rund 700 Euro. Demnach ergäbe sich eine Gesamtsumme von 9372 Euro.
«Die Berechnungen sind nicht nachvollziehbar», sagte eine Sprecherin Schmidts. «Das Bundesgesundheitsministerium wird dem Haushaltsausschuss des Bundestags und dem Bundesrechnungshof alle erforderlichen Informationen vorlegen.» Am Vortag hatte das Ministerium betont, die Fahrt des Dienstwagens nach Spanien habe rund 500 Euro Benzin gekostet - soviel wie ein Mietwagen mit Fahrer an einem Tag. Schmidt hatte sich ihren Dienstwagen nach Spanien bringen lassen. Begründet wurde dies unter anderem mit zwei dienstlichen Terminen.
Der Fall war bekanntgeworden, weil der Mercedes vor einer Woche in Denia nördlich von Alicante gestohlen wurde. Von dem Auto fehlt weiter jede Spur, wie die Polizei in Alicante der Deutschen Presse- Agentur dpa mitteilte.
Müntefering sagte am Rande einer Wahlkampfkonferenz in Hannover: «Ulla Schmidt hat schon viele Male mit Vorurteilen leben müssen.» So sei sie wegen der Honorarreform bei den Ärzten beschimpft worden. Deren Honorare seien aber gestiegen. Schmidt werde den zuständigen Gremien im Bundestag «weitergehende Antworten» geben. «Dann können alle Leute sich wieder in Realismus üben und können Vorurteile vergessen und Spekulationen», sagte Müntefering.
Die Sozialdemokraten wurden durch die Angelegenheit im Wahlkampf überrascht. «Dass der Dienstwagenklau nicht bei uns in der Terminliste mit drinstand, das können Sie mal unterstellen», sagte SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel im Deutschlandfunk. Ob Schmidt Teil des «Kompetenzteams» des SPD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst sein wird, wollte Wasserhövel nicht bestätigen. «Diese ganzen Fragen wird Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag auf einer Pressekonferenz beantworten», sagte er.
Schmidt wies die Kritik zurück. Die Benutzung entspreche der Rechtslage und den Richtlinien, sagte sie am Montagabend am Rande der Veranstaltung in Els Poblets. «Ich nutze den Dienstwagen dienstlich und ich nutze ihn privat. Wenn ich ihn privat nutze, wird sehr genau nach Fahrtenbuch abgerechnet und versteuert.» Im vergangenen Jahr habe sie rund 6000 Kilometer privat abgerechnet. Sie handhabe das sehr genau. Holznagel sagte im Fernsehsender n-tv, auch bei früheren Reisen Schmidts in die Region Alicante sei der Fahrer dort hingekommen.
Die FDP verlangt bis Mittwoch kommender Woche umfassende Auskunft. Als Mitglied des Bundestags-Haushaltsausschusses verlange der FDP- Abgeordnete Jürgen Koppelin einen detaillierten Bericht zu dem Fall, berichtet die «Berliner Zeitung» (Dienstag).