Weiter Tauziehen um Abschiebung von Demjanjuk
Washington/München/dpa. - Weiter Tauziehen um die Abschiebung des mutmaßlichen NS-Verbrechers John Demjanjuk nach Deutschland: Der Anwalt des 89-Jährigen in den USA, John Broadley, hat am Dienstag Einspruch gegen die Aufhebung eines vergangene Woche verfügten Abschiebestopps erhoben.
Er rechne in Kürze mit einer Entscheidung der Berufungsinstanz in Arlington, sagte Broadley auf Anfrage. Wäre der Abschiebestopp wie zunächst entschieden aufgehoben worden, hätte Demjanjuk von diesem Mittwoch an den Weg nach Deutschland antreten können.
Unterdessen hat Demjanjuk nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch) einen zweiten deutschen Anwalt engagiert. Der Ratinger Strafverteidiger Ulrich Busch forderte das Bundesjustizministerium auf, die geplante Abschiebung zu stoppen. Busch sehe die Rechte seines Mandanten verletzt, weil es kein förmliches Auslieferungsgesuch der Bundesregierung gebe. Das deutsche Auslieferungsgesetz biete viele Möglichkeiten des Widerspruchs vor deutschen Verwaltungsgerichten. Busch kündigte laut der Zeitung an, das Bundesjustizministerium zu verklagen, falls seiner Forderung nach einem Abschiebestopp nicht Folge geleistet werde.
Broadley zeigte sich indessen sicher, dass Demjanjuk zunächst nicht nach Deutschland geschickt werde. Er erwarte eine Verlängerung des Abschiebestopps, bis in der Sache grundsätzlich entschieden werde, sagte der US-Anwalt. Demjanjuk lebt derzeit als Staatenloser in Cleveland (US-Staat Ohio). Das Amtsgericht München hat am 11. März Haftbefehl gegen ihn erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem gebürtigen Ukrainer vor, als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Polen Beihilfe zum Mord an mindestens 29 000 Juden geleistet haben.
Broadley hatte am vergangenen Donnerstag einen Eilantrag bei einem Einwanderungsgericht in Virginia gestellt, in dem es hieß, eine Ausweisung komme für den gebrechlichen Demjanjuk Folter gleich. Tatsächlich setzte Richter Wayne Iskra die ursprünglich für Montag angesetzte Abschiebung aus, revidierte dann seine Entscheidung aber wieder - mit der Begründung, das Gericht sei dafür gar nicht zuständig gewesen. Er verwies Broadley an die Berufungsinstanz, die nach Angaben der Zeitung «The Plain Dealer» in Cleveland im vergangenen Jahr schon einmal gegen Demjanjuk entschieden hatte. Ob bei einem Scheitern des Einspruchs noch andere juristische Wege zu einem Abschiebestopp offenstehen, blieb zunächst unklar.
Broadley wertete es als hoffnungsvolles Zeichen, dass Richter Iskra in seiner ersten Entscheidung ausdrücklich auf den verschlechterten Gesundheitszustand Demjanjuks verwiesen habe.