Wehrpflicht Wehrpflicht: Verfassungsrichter lehnen Überprüfung ab

Karlsruhe/dpa. - Das Bundesverfassungsgericht hat eine inhaltliche Überprüfung der Wehrpflicht erneut abgelehnt. Das Karlsruher Gericht wies einen Vorstoß des Verwaltungsgerichts Köln als unzulässig ab, das die Wehrpflicht wegen der stark gesunkenenZahl der Einberufungen für verfassungswidrig hält. DieVerwaltungsrichter hätten ihre «Richtervorlage» nicht hinreichend begründet, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss (Az: 2 BvL 3/09 - Beschluss vom 22. Juli 2009).
Auslöser des Verfahrens war eine Klage eines inzwischen 20-Jährigen, der gegen seine Einberufung geklagt hatte. Das KölnerGericht, das bereits mehrfach gegen die Wehrpflicht entschieden hat, setzte den Prozess aus und rief das Bundesverfassungsgericht an. Es verstoße gegen die Wehrgerechtigkeit, dass inzwischen nicht einmal mehr jeder fünfte Mann eines Geburtsjahrgangs einberufen werde. Wegenveränderter Aufgaben der Bundeswehr sei die Zahl der Wehrdienstplätze in den vergangenen Jahren kontinuierlich reduziert und dem Bedarf der Bundeswehr angepasst worden. Die Zahl der einberufenen Wehrpflichtigen sei von gut 160 000 im Jahr 1998 auf knapp 68 000 im Jahr 2007 gesunken.
Nach den Worten der Verfassungsrichter hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nur «pauschal und unzureichend» begründet. Es hätte sich zunächst mit den Argumenten des Bundesverwaltungsgerichts auseinandersetzen müssen, das die Wehrpflicht vor vier Jahren unbeanstandet ließ. Danach sei für die Frage der Wehrgerechtigkeit nicht etwa der Vergleich zwischen der Zahl der Einberufenen und der Stärke eine Geburtenjahrgangs ausschlaggebend. Entscheidend sei, dassdie «tatsächlich verfügbaren Wehrpflichtigen» möglichst umfassend eingezogen würden. Dabei werden beispielsweise Untaugliche, Kriegsdienstverweigerer und junge Männer, die von Wehrdienstausnahmen profitieren, nicht mitgerechnet.
Auch dass Ausnahmen für eingeschränkt Taugliche sowie fürVerheiratete oder Wehrpflichtige mit einem Ausbildungsvertrag die Wehrpflicht in eine Schieflage bringen könnten, überzeugte die Karlsruher Richter nicht. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr hätten das Anforderungsprofil verändert, so dass sich daraus auch Änderungen hinsichtlich der Eignung von Wehrpflichtigen ergeben könnten.
Damit hat Karlsruhe bereits zum wiederholten Mal die Wehrpflichtunbeanstandet gelassen, ohne sich abschließend zur Frage derWehrgerechtigkeit angesichts sinkender Einberufungszahlen zu äußern. 2002 wies das Gericht eine Vorlage des Landgerichts Potsdam ebenfalls wegen mangelhafter Begründung zurück, 2004 ließ das Gericht die gelockerte Einberufungspraxis in einer Eilentscheidung unbeanstandet.