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Warnemünde Warnemünde: Wer war «IM Wenzel» wirklich?

23.10.2007, 07:14
Spaziergänger flanieren auf der Uferpromenade des Ostseebades Warnemünde vor dem Fünf-Sterne-Hotel Neptun.
Spaziergänger flanieren auf der Uferpromenade des Ostseebades Warnemünde vor dem Fünf-Sterne-Hotel Neptun. dpa-Zentralbild

Rostock/dpa. - Es ist eine ostdeutsche Institution - das HotelNeptun in Warnemünde. Der 19-stöckige Betonbau beherrscht schon vonweitem das Bild von Rostocks Nobel-Vorort. Mehr als sieben MillionenGäste wurden seit der Eröffnung im Jahr 1971 gezählt, unzähligemussten abgewiesen werden.

Eine ostdeutsche Institution ist auch Klaus Wenzel, Neptun-Chefvon Beginn an - bis vor wenigen Tagen, als er die Geschäftsführung anden 37-jährigen Guido Zöllick übergab. Der 69-jährige Wenzel ist sichsicher, dass dieser sein Lebenswerk in seinem Sinne weiterführenwird. «Es ist schön, dass man jetzt ernten kann, was über viele Jahreangelegt worden ist», sagt er. Er wird die Entwicklung des Hauses ausdem Aufsichtsrat heraus beobachten. Die Zeichen stehen mit einer72-prozentigen Auslastung des Hauses für 2007 prächtig.

Zufrieden schaut Wenzel auf seine 38-jährige Chef-Karriere zurück, die 2003 mit der Ehrung zum «Hotelier des Jahres» einenHöhepunkt erreichte. «Ich bin stolz, dass das alles so funktionierthat, ich würde es noch einmal so machen», betont er. So sei dasNeptun schon 1971 Vorreiter im Gesundheitstourismus gewesen, eine derSäulen des heutigen Erfolgs. Abgespeckt wurde beispielsweise mit fünfStunden Dauertanz. Heute heißen die Erfolgsbringer Bewegungs- undErnährungstherapie oder Thalasso.

Wenzel kann Geschichten erzählen, die wohl Bücher füllen würden:das eigene Hotelgeld, Tauschgeschäfte mit der ganzen Welt, umLuxuswaren ins Haus zu bekommen oder die in seinen Augen nahezuperfekten Sozialleistungen für die Mitarbeiter - zur Wendezeit warenes 800 Angestellte im Vergleich zu 300 heute. Ein Kapitel wäre wohlden vielen Staatsgästen gewidmet, die im Laufe der Jahre ein undaus gingen. Fidel Castro oder Helmut Schmidt trugen sich insGästebuch ein. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident UweBarschel war Gast im Haus - ob er dort möglicherweise Waffengeschäftegetätigt hat, ist bis heute ungeklärt.

Die internationale Prominenz, aber auch die große Gästezahlselbst, waren nach Erkenntnissen von Historikern der Grund, dass dieStasi immer einen besonderen Blick auf das Neptun geworfen hatte. «Esist bekannt, dass von der Gründung bis zur Wende rund 250inoffizielle Mitarbeiter im Hotel gearbeitet haben», sagt VolkerHöffer von der Außenstelle der Stasi-Unterlagen-Behörde in Rostock.Ob Wenzel selbst verstrickt war, ist nicht bewiesen: «Wir gehen davonaus, dass das Ministerium für Staatssicherheit Klaus Wenzel als IM"Wimpel" geführt hat», sagt Höffer. Das Problem sei, dass diePersonalakte von IM Wimpel nicht aufzufinden ist. Wenzel weist einenZusammenhang zwischen ihm und IM Wimpel zurück: «Wenn es Beweisegibt, werde ich sie sicher vorgelegt bekommen.»

Auch von den Stasi-Mitarbeitern im Hotel wisse er nichts, sagt er.«Jeder, der solche Geschichten erzählt, hat sie nur von anderengehört.» Bis heute sei weder ein Film noch eine Abhör-Wanze gefundenworden, noch habe jemand konkret gesagt, was passiert sein soll. «Unddass sich Geheimdienste in Hotels treffen, das ist in der ganzen Weltso», gibt Wenzel zu bedenken. Nach einer TV-Dokumentation vor wenigenWochen habe er Zuspruch in «vielen tausend Briefen» mit Worten wie«lassen Sie sich nicht entmutigen» gefunden.

Nach Worten Höffers kann es durchaus sein, dass Wenzel alsHotelmanager gute Arbeit gemacht hat. «Es muss aber auch gestattetsein, die dunkle Seite zu beachten», betont er. Denn IM Wimpel habeauch über Angestellte informiert. «Das ist ganz profane Spitzelei,davon strotzen diese Akten.» Im Kurhaus gegenüber hätten dieStasi-Mitarbeiter gesessen und alles registriert, im Hotel seienKameras und Mikrofone installiert gewesen. Die Auswertungen seiennoch nicht abgeschlossen, aber dass Wenzel davon nichts mitbekommenhaben will, sei schlicht unmöglich, betont Höffer.

«Ich stehe zu meiner Geschichte, ich muss mich nicht verteidigen»,sagt Wenzel. Die wenigsten der heutigen Politiker hätten das Recht zubeurteilen, was damals geschehen ist. «Wenn es konkrete Fakten gibt,bin ich bereit, darauf zu antworten.» Bis dahin erwarte er dieFortsetzung «eines schönes Lebens».