Wahlbeobachter auf der Krim Wahlbeobachter auf der Krim: Russland lädt Rechtspopulisten ein
Berlin - Rechtspopulistische Parteien aus ganz Europa erwägen, am Sonntag als Wahlbeobachter am Referendum der Krim über den Beitritt zu Russland teilzunehmen. Dazu hat der Kreml sie eingeladen – von der österreichischen FPÖ über der italienische „Lega Nord“ und Frankreichs „Front National“ bis zu „Vlaams Belang“ aus Belgien.
Noch am Mittwochabend gaben die interessiertes Feedback: Er denke über die Krim-Reise ernsthaft nach, sagte etwa der Fraktionschef der Lega Nord im EU-Parlament, Lorenzo Fontana, der angab, direkt vom russischen Botschafter Alexej Kornow eingeladen worden zu sein.
Marine Le Pen, Chefin der französischen Rechts-Partei „Front National“ begrüßte die Einladung. Je mehr Beobachter dabei seien, desto besser seien die Garantien für eine korrekte Abwicklung des Referendums, sagte sie am Mittwoch.
Und auch Andreas Mölzer, EU-Parlamentarier der rechtspopulistischen „Freiheitlichen Partei Österreichs“, prüft die Einladung. Er habe sie von russischen Nicht-Regierungsorganisationen erhalten, sagte er der Nachrichtenagentur APA. „Wir vertreten nicht die EU, sondern die Parteienfamilie der patriotischen, rechten Parteien“, betonte Mölzer dabei. „Wir sind einige der wenigen, die versuchen, Russland zu verstehen.“
Rechte Sympathien für Moskau
Damit trifft er den Nagel auf den Kopf: Es sind ausgerechnet die Rechtspopulisten, vor deren massiven Erstarken nach der Europawahl im Mai das EU-Parlament schon jetzt zittert, die in der Ukraine-Krise Sympathien für Moskau zeigen. Das hat viele Gründe. Zum einen sieht die Europäische Union die Volksabstimmung auf der Krim als illegal an und will das Ergebnis nicht akzeptieren – also auch keine Wahlbeobachter entsenden.
Deshalb liegt auch auf der Hand, warum Russland die Rechten eingeladen hat: Das Referendum soll durch europäische Wahlbeobachter international legitimiert werden. Die Rechtspopulisten sind allesamt heftige EU-Skeptiker bis -Gegner, für die sich nun auch eine Gelegenheit bietet, die Union zu piesacken. Das dürfte vor allem Le Pen und die FPÖ reizen.
Ideologische Gründe für Interesse an einer Krim-Abspaltung
Doch es gibt auch ideologische Gründe. Lega Nord und Vlaams Belang sind vor allem Separatisten, die für eine Loslösung des reicheren italienischen Nordens vom Süden Italiens beziehungsweise für „Flämische Interessen“ in Belgien kämpfen. Während die westlichen Staaten Russland vor einer „Annektierung“ der ukrainischen Teilrepublik Krim warnen und betonen, dass eine Änderung des Status der Halbinsel gegen ukrainisches und das Völkerrecht verstoßen würden, hoffen die westlichen Separatisten, dass eine Abspaltung der Krim ein Vorbild für die Regionen sein wird, deren Unabhängigkeit sie jeweils daheim einfordern.
Ob die russische Einladung auch an deutsche Parteien erging, ist derzeit noch unbekannt. Fakt ist aber, dass auch die „Alternative für Deutschland“ – die ebenfalls zumindest rechtspopulistische Tendenzen aufweist – bereits vor der Ukraine-Krise für mehr Verständnis für Moskau geworben hatte.
Auch „Alternative für Deutschland“ fordert Empathie für Kreml
So hatte Vize-Parteichef Alexander Gauland kurz vor der Bundestagswahl im vorigen September Russland durchaus ins Zentrum der außenpolitischen Erwägungen der AfD gestellt. Deutschland müsse
die russischen Bedürfnisse im Umgang mit den Nachfolgestaaten der einstigen Sowjetunion verstehen, sagte er. Zwar gehörten die Ukraine, Weißrussland, Georgien und Moldawien „unstreitig zu Europa“, so Gauland. Doch habe Russland die Loslösung des „heiligen Kiew“, was immerhin die Keimzelle Russlands gewesen sei, nie verwunden. „Das ist auch schwer vorstellbar, da diese Trennung nur vergleichbar ist mit der Abtrennung Aachens oder Kölns von Deutschland“, befand der AfD-Politiker.
Deshalb sollte der Westen in Osteuropa mit „äußerster Vorsicht und unter Wahrung der Empfindlichkeiten Russlands“ agieren. Deutschland und Europa hätten kein Interesse an einer weiteren Schwächung Russlands und damit auch des gesamten euroasiatischen Raumes, schrieb die AfD damals, im September 2013. „Wir Deutschen vergessen manchmal, dass Russland an entscheidenden Wegmarken der deutschen Geschichte positiv Pate gestanden und Preußen vor dem Untergang bewahrt hat. Das gilt für 1763, 1806/07, 1813, die Bismarcksche Reichseinigung von 1866/70 und die deutsche Wiedervereinigung von 1990/91.“
Weltsicherheitsrat will Referendum verurteilen
Dahinter steckt vor allem ein konservatives Weltbild, in dem der Nationalsozialismus zwar als düsterstes Kapitel der deutschen Geschichte anerkannt wird – aber nicht zu dominant über die Nationalhistorie der Deutschen sein soll. „Wir Deutsche neigen dazu, nach den Erfahrungen der Hitler-Jahre die Definition und Verfolgung nationaler Interessen per se für etwas Schlechtes zu halten“, sagte Gauland seinerzeit etwa.
Auf der Halbinsel soll die Bevölkerung am Sonntag entscheiden, ob sie verstärkte Autonomie oder die Angliederung an Russland will. Das Krim-Parlament verabschiedete bereits am Dienstag eine Unabhängigkeitserklärung. Die prorussischen Krim-Behörden schränkten bis Montag nach dem Referendum die Flüge von und nach der Krim ein. So solle die Ankunft von „Provokateuren“ verhindert werden, sagte der Vize-Regierungschef der Krim, Rustam Temirgalijew.
Die Westmächte planen nach Angaben von Diplomaten, eine Resolution zu dem für Sonntag geplanten Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim in den UN-Sicherheitsrat einzubringen. Darin solle unter anderem die Illegalität der Volksabstimmung festgestellt werden. Es gelte zwar als sicher, dass Russland sein Veto einlegen werde. Ziel sei aber, China zu einer Enthaltung zu bewegen und Moskau damit weiter zu isolieren. Eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats könnte demnach am Sonntag oder Montag stattfinden.