Wahl des Kanzlerkandidaten Wahl des Kanzlerkandidaten: Wird Martin Schulz der neue Mann für die SPD?

Eine gute halbe Stunde darf Sigmar Gabriel ausschließlich Wirtschaftsminister sein. Dann holt ihn auch bei der Vorstellung der regierungsamtlichen „Herbstprojektion 2016“ sein Nebenjob als SPD-Vorsitzender ein.
Die Spekulationen überschlagen sich
„Martin Schulz könnte SPD-Kanzlerkandidat werden“, hat „Spiegel online“ kurz vor Beginn der Veranstaltung behauptet. „Über alle Flügel und Landesgruppen hinweg gibt es eine breite ‚Bloß nicht Gabriel‘-Bewegung“, wird ein „einflussreicher Abgeordneter“ zitiert.
Seitdem überschlagen sich die Spekulationen im Internet. Der 60-Jährige, der mit seiner Abwahl als EU-Parlamentspräsident rechnen muss, ist in der Partei wegen seiner unverblümten Wortgewalt beliebt.
Mit für seine Verhältnisse mildem Spott kontert Gabriel, die Medien wechselten ja ziemlich häufig ihre Meinung und versichert mit treuherzigem Blick: „Ich, jedenfalls, ich bin ganz entspannt.” Dabei ruhen seine Hände fest auf dem Podium im Saal der Bundespressekonferenz. Die Finger sind in einander gefaltet. Nur die Daumen rotieren immer wieder heftig umeinander. Sieht so Entspannung aus?
Bis jetzt gibt es keine eindeutige Aussage
In solchen Situationen hebt im politisch-journalistischen Komplex der Hauptstadt sogleich ein heftiges Telefonieren an. Der Ertrag bleibt an diesem Freitagnachmittag jedoch eher dürftig.
Jedenfalls, was den öffentlich zitierbaren Teil der Gespräche mir SPD-Politkern „über alle Flügel und Landesgruppen hinweg“ angeht. „Dazu sage ich nichts“, antwortet der linke Parteivize Ralf Stegner auf die Frage dieser Zeitung.
Johannes Kahrs wird nur wenig ausführlicher „Das kann alles später entschieden werden“, sagt der Vormann des rechten „Seeheimer Kreises“. „Ich glaube nicht dass es eilt.“
Wenn zwei Politiker so einsilbig bleiben, die normalerweise um kein knackiges Wort verlegen sind, darf man jedenfalls davon ausgehen: Da ist was dran. Mindestens.
Er kenne solche Diskussionen, sagt einer, der wieder nicht namentlich zitiert werden möchte, aber sie hätten „keine breite Basis“. Wirklich nicht? „Steinbrück war beliebt, bevor er Kanzlerkandidat wurde, dann hat er Fehler gemacht und wurde unbeliebt“, lautet eine andere namenlose Einlassung. „Gabriel ist es jetzt schon.“
Gabriel zuletzt mit kleineren Erfolgen
Begonnen hat das Ganze vor ein paar Tagen. Gabriel hatte zwei halb- bis viertelwegs erfolgreiche Landtagswahlen überstanden und im Parteikonvent für das umstrittene Handelsabkommen „Ceta“ eine Mehrheit bekommen.
Jetzt sei er durch als Kanzlerkandidat hieß es aus Nordrhein-Westfalen, dem größten Landesverband. Es wurde verlautet, er sei „der richtige Mann.
Doch dann sprachen ihm die Bundestagsabgeordneten seines Heimatverbandes Niedersachsen das Misstrauen aus: Nicht geeignet! Ihr Vorsitzender Lars Klingbeil twitterte nach einer TV-Talkshow: „Starker Auftritt von Martin Schulz!“ Und nun rumort es weiter.
Aber es melden sich erste Pro-Gabriel Stimmen. Der Vorsitzende sei der „geborene Spitzenkandidat“ für die Bundestagswahl, meint Torsten Albig. Der Ministerpräsident aus Kiel löckt normalerweise gern wider den Stachel. Und aus der Bundestagsfraktion gibt der stellvertretende Vorsitzende Axel Schäfer zu Protokoll: „Der Vorsitzende muss es machen.“
Sigmar Gabriel schweigt noch über seine Ambitionen
Ob der es machen will, darüber schweigt Sigmar Gabriel an diesem Freitag. Seine Partei sei doch in einer komfortablen Lage, sagt er, wenn sogar drei ihrer Spitzenpolitiker als Kanzlerkandidaten im Gespräch seien.
Gemeint sind außer ihm EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die Union dagegen wisse noch nicht einmal, ob sie die amtierende Kanzlerin vorschlagen solle.
Nach der in der SPD so wichtigen „Beschlusslage“ soll Anfang kommenden Jahres entschieden werden. Aber Gabriel deutet an, dass es auch früher sein könne. Ein prominenter Schweiger sollte nicht vergessen werden: Martin Schulz. Öffentlich jedenfalls. Intern, wird berichtet, mache er aus seinen Ambitionen keinen Hehl.