Anschlag in Straßburg Vorbestraft und polzeibekannt: Das wissen wir über den Attentäter von Straßburg

Straßburg - Drei Tote, 13 Verletzte und fünf Festnahmen – das ist die tragische Bilanz des Anschlages auf den Straßburger Weihnachtsmarkt. Am Tag nach dem Angriff läuft die Suche nach dem Hauptverdächtigen auf Hochtouren, die Zahl der Opfer wurde mehrmals korrigiert und das Land steht unter Schock. Aber was wissen wir eigentlich bisher über Tathergang, Täter und die Hintergründe? Und was ist unklar? Ein Überblick.
Was wir wissen
● Die Tat: Am Dienstagabend eröffnete ein Mann in der weihnachtlich geschmückten Straßburger Innenstadt das Feuer. Dabei wurden drei Menschen getötet und dreizehn weitere verletzt. Medienberichten zufolge soll es sich bei der Tatwaffe um ein automatisches Gewehr handeln.
● Der mutmaßliche Täter: Der mutmaßliche Angreifer ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein französischer Staatsbürger aus Straßburg mit nordafrikanischen Wurzeln. Der 29-jährige Chérif C. wurde nach Kenntnis der deutschen Justiz bereits wegen etlicher Diebstähle in Frankreich, der Schweiz und in Deutschland verurteilt. Vom Amtsgericht Singen wurde er wegen schweren Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und war in Deutschland in Haft. Nach dem Verbüßen der Strafe wurde er im Jahr 2017 nach Frankreich abgeschoben.
In dem Urteil aus Singen heißt es, der Mann sei zusammen mit sechs Geschwistern im Elternhaus in Straßburg aufgewachsen, habe einen dem Hauptschulabschluss vergleichbaren Abschluss, aber keine Ausbildung gemacht. Nach der Schule habe er bei der Gemeinde gearbeitet, seit 2011 sei er arbeitslos gewesen und nach eigener Aussage viel gereist. Die französischen Behörden gehen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur davon aus, dass sich der mutmaßliche Attentäter während seiner Haftzeit im Ausland radikalisiert hat. Den baden-württembergischen Justizbehörden fiel er allerdings nicht mit einer radikal-islamischen Gesinnung auf.
Schon vor seiner Verurteilung in Singen habe er insgesamt vier Jahre in Gefängnissen verbracht.
Nur Stunden vor den Schüssen waren Medienberichten zufolge bei einer Durchsuchung seiner Wohnung am Dienstagmorgen Granaten gefunden worden. Eigentlich hätte der Mann am Dienstagmorgen wegen eines versuchten Tötungsdelikts verhaftet werden sollen. Er befindet sich derzeit auf der Flucht.
● Das Umfeld: Die Sicherheitsbehörden gehen nach dpa-Informationen davon aus, dass der mutmaßliche Attentäter von Straßburg zusammen mit seinem 34 Jahre alten Bruder Sami C. auf der Flucht ist. Beide gelten demnach als islamistisch radikalisiert. Nach Angaben des französischen Chefermittlers Rémy Heitz war Chérif C. zudem in der Sicherheitsakte „Fiche S" geführt, einer Liste von Personen, die als radikalisiert gelten. Die Schwelle für eine Speicherung in der französischen Datei sei für Radikale deutlich niedriger als für vergleichbare deutsche Datenbanken.
Außerdem wurde Chérif seit Januar 2016 auch in der Sicherheitsakte FSPRT gelistet – hier geht es um die Überwachung von Menschen, denen die Behörden Taten bis hin zum Terroranschlag zutrauen. Überwacht wurde Chekatt seit seiner Freilassung aus der Haft 2015 vom Inlandsgeheimdienst DGSI.
Laut Berliner „Tagesspiegel“ wohnten die beiden Brüder in Straßburg. Sie würden dem Straßburger Islamistenmilieu zugerechnet, sagte ein hochrangiger Sicherheitsexperte der Zeitung. Chekatt sei oft in einer Straßburger Bar im Bezirk Neudorf gewesen. Diese wurde aber vor einigen Monaten wegen des Verdachts der Geldwäsche zur Finanzierung islamischen Terrorismus geschlossen.
Laut einem französischen Medienbericht handelt es sich bei den vier in der Nacht zu Mittwoch festgenommenen Männern ebenfalls um Verwandte des Hauptverdächtigen. Demnach sollen zwei Brüder und der Vater des 29-Jährigen vernommen werden.
● Die Opfer: Eines der Todesopfer ist ein Tourist aus Thailand. Laut dem Außenministerium in Bangkok handelt es sich um einen 45 Jahre alten Mann, der zusammen mit seiner Frau zu einem Urlaub in Frankreich war. Nach Medienberichten starb er durch einen Schuss in den Kopf. Acht Menschen wurden schwer, fünf weitere leicht verletzt. Unter den Verletzten ist auch ein italienischer Radiojournalist, wie ein Sprecher des Außenministeriums der dpa bestätigte. Nach jetziger Kenntnis des Auswärtigen Amtes sind keine Deutschen unter den Opfern.
Was wir nicht wissen
● Der Täter: Der Aufenthaltsort des Täters ist nicht bekannt. Die französische Regierung schließt nicht aus, dass der Straßburger Attentäter nach Deutschland geflüchtet sein könnte. Die Bundespolizei kontrollierte mehrere Grenzübergänge von Deutschland nach Frankreich.
● Das Motiv: Obwohl Anti-Terror-Spezialisten die Ermittlungen im Fall des Anschlags in Straßburg übernommen haben, will sich das französische Innenministerium nicht auf ein terroristisches Motiv des Täters festlegen. Ein terroristischer Hintergrund sei im Moment noch nicht sicher, sagte der Staatssekretär im Innenministerium, Laurent Nuñez, am Mittwochmorgen. Der mutmaßliche Täter sei zwar polizeibekannt gewesen, allerdings bisher nicht im Zusammenhang mit Terrorismus. Er sei mehrfach im Gefängnis gewesen und dort sei auch eine Radikalisierung festgestellt worden.
Das Motiv für den Angriff auf den Straßburger Weihnachtsmarkt könnte auch Rache gewesen sein, heißt es in Sicherheitskreisen. Möglicherweise habe der 29-Jährige auf den Versuch seiner Festnahme durch die Polizei in Straßburg spontan reagiert. Den französischen Sicherheitsbehörden sei keine Vorbereitung eines Anschlags in Straßburg bekannt gewesen.
● Die Opfer: Die Identität der weiteren Todesopfer war zunächst nicht bekannt. Deutsche sollen nicht darunter sein. (RND, dpa)
