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Vor Wahl am 23. Mai Vor Wahl am 23. Mai: Horst Köhler besucht frühere Heimatstadt Markkleeberg

Von Jan Wätzold 05.04.2004, 13:49
Horst Köhler läuft mit seiner Gattin Eva am Montag (05.04.2004) vor dem Rathaus in Markkleeberg an Journalisten vorbei. Der Kandidat von CDU, CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten weilte zu einem privaten Besuch in der Stadt bei Leipzig. Köhler verbrachte acht Jahre seiner Kindheit in Markkleeberg. Am Rande des privaten Besuchs traf er sich mit ehemaligen Klassenkameraden. (Foto: dpa)
Horst Köhler läuft mit seiner Gattin Eva am Montag (05.04.2004) vor dem Rathaus in Markkleeberg an Journalisten vorbei. Der Kandidat von CDU, CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten weilte zu einem privaten Besuch in der Stadt bei Leipzig. Köhler verbrachte acht Jahre seiner Kindheit in Markkleeberg. Am Rande des privaten Besuchs traf er sich mit ehemaligen Klassenkameraden. (Foto: dpa) dpa

Markkleeberg/MZ. - Stolz sind sie, die Markkleeberger. Auf ihre Geschichte als Landwirtschafts-Messemetropole. Darauf, sich gegen alle Eingemeindungsversuche der benachbarten Heldenstadt Leipzig heldenhaft als Große Kreisstadt behauptet zu haben. Undnun auch auf einen aus ihren Reihen, dem beste Chancen eingeräumt werden, bei der Präsidenten-Kür im Mai erster Mann der Republik zu werden: Horst Köhler.

Köhler - das klang bis vor einem Monatauch für die meisten der knapp 23000 Markkleebergernoch wie Müller, Meier, Schulze. Doch seitsich CDU/CSU und FDP darauf geeinigt haben,dass der damals noch amtierende Chef des InternationalenWährungsfonds (IWF) der nächste Bundespräsidentwerden soll, spricht man vor den Toren Leipzigsnur noch von "unserem Mann in Berlin".

Der ist an diesem Aprilmontag mit EhefrauEva dort zu Gast, wo seine ursprünglich ausSiebenbürgen stammende, später nach Polenumgesiedelte Familie gegen Kriegsende vorder anrückenden Roten Armee Zuflucht gefundenhatte. Die Eltern und die acht Geschwisterblieben ganze acht Jahre, bevor die meistenvon ihnen 1953 gen Westen weiter zogen. GenugZeit, um Eindruck zu machen. Zumindest stehenin Erwartung von Köhlers Auftauchen etlicheMarkkleeberger vor dem ehemaligen Elternhausin der Bergstraße Spalier, die sich noch lebhaftan die ehemaligen Neubürger erinnern können.

"Tüchtige Leute, die immer geteilt haben",erzählt Wilhelm Thiem, der mit Horst Köhlersgrößerem Bruder Otto in die Schule gegangenist. "Eigentlich waren Flüchtlinge ja nichtso beliebt, aber bei der Familie war das etwasanderes", meint auch der ehemalige NachbarsjungeLothar Wittig.

Während die Freunde aus Kindertagen den prominentenBekannten über den grünen Klee loben, lässtder sich auf der anderen Seite der Stadt denErnst der Lage erläutern. Im Rathaus schildertOberbürgermeister Bernd Klose (SPD) die Problemeder Stadt: Arbeitslosigkeit, Sozialabbau,leere Kassen. Bevor Köhler und seine EhefrauEva eine Stunde später wieder aufbrechen,spricht der designierte Rau-Nachfolger Klartext:"Die Stimmung im Osten steht auf der Kippe."Man sei gut beraten, mehr auf die Leute inden neuen Ländern zu hören.

Eigentlich hatte es ein reiner Privatbesuchan den Stätten der frühen Kindheit sein sollen.Wohnhaus, Schule, Tauf-Kirche. Doch selbstin dem protestantischen Barockbau, wo derauf den Reformationstag 1945 datierte TaufscheinKöhlers bis heute aufbewahrt wird, macht esden Anschein, als sei der Gast bereits Bundespräsident.Pfarrer Arndt Hauboldt verabschiedet sichmit einem Psalm, der zu Gerechtigkeit undGnade mahnt.

Die ehemaligen Mitschüler, die Köhlerzum Abschluss seiner Spurensuche am CospudenerSee wiedersieht, sagen es mit einfacherenWorten: "Mach uns keine Schande, Horst." Vieleder alten Bekannten sind aus anderen EckenDeutschlands zum Klassentreffen angereist.Von Ostalgie keine Spur. Niemand nimmt einBlatt vor den Mund. Die Atmosphäre ist entspannt.Köhler hört allen geduldig zu. Und verspricht,nichts von alldem zu vergessen. "Egal, obes nun am 23. Mai bei der Bundesversammlungklappt oder nicht."