Vor EU-Gipfel Vor EU-Gipfel: Putin sprach mit Tschetschenen-Führern

Moskau/dpa. - Vor der erwarteten Kritik der EU am Krieg in Tschetschenien hat der russische Präsident Wladimir Putin sich demonstrativ mit ranghohen Vertretern der Kaukasus-Republik getroffen. An dem Treffen am Sonntag im Kreml nahmen jedoch nur Moskau-treue Tschetschenen teil, keine Vertreter der Rebellen. Putin sprach sich für eine politische Lösung des seit drei Jahren andauernden Krieges im Nordkaukasus aus. Er machte sich den Vorschlag der versammelten Tschetschenen zu einem Verfassungsreferendum und Wahlen in nächster Zeit zu eigen, berichtete der Fernsehsender RTR.
Die vom Westen geforderten Gespräche mit dem gewählten Tschetschenen-Präsidenten Aslan Maschadow wies Putin brüsk zurück. «Er hat statt Verhandlungen den Weg des Terrors gewählt und sich hinter den Abschaum gestellt, der am 23. Oktober in Moskau Hunderte von Geiseln genommen hat», sagte der Kreml-Chef. «Wer Maschadow wählt, wählt den Krieg.» Die Europäische Union wollte Putin bei dem Gipfel am Montag in Brüssel zu einer politischen Lösung des Konflikts auffordern.
Die Politiker, Geschäftsleute und islamischen Geistlichen aus Tschetschenien hatten am Freitag ein Referendum über eine Verfassung ihrer Republik und Wahlen gefordert. «Nur eine vom Volk gewählte Regierung kann auf Vertrauen hoffen», sagte der Geschäftsmann und Politiker Malik Sajdullajew. An den Wahlen sollten «alle Schichten der tschetschenischen Bevölkerung» teilnehmen. «Hinter Maschadow steht eine bestimmte Gruppe von Leuten, und mit denen sollten wir rechnen», erklärte Sajdullajew.
In dem Krieg sind seit Herbst 1999 mehr als 4000 russische Soldaten, 14 000 Rebellen und mehrere zehntausend Zivilisten getötet worden. Bislang hatte die russische Führung darauf gesetzt, zuerst den militärischen Kampf gegen die Rebellen zu gewinnen und dann Wahlen in Tschetschenien abzuhalten. Er habe jetzt eingesehen, dass der politische Prozess nicht verzögert werden dürfe, sagte Putin. Als Schritt zu mehr Selbstverwaltung in Tschetschenien ordnete der russische Innenminister Boris Gryslow die Einrichtung eines eigenen Innenministeriums in Grosny an.
Zwei Wochen nach der gewaltsamen Beendigung der Geiselnahme in dem Moskauer Musical-Theater «Nord-Ost» wurden am Sonntag in Kliniken immer noch 40 befreite Geiseln behandelt, die an den Nachwirkungen des eingesetzten Gases litten. 611 Patienten seien entlassen worden, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Das Ensemble von «Nord-Ost» gab am Samstagabend erstmals wieder ein Solidaritäts-Konzert mit Auszügen aus dem Stück und anderen Musicals.