Volker Limburg Volker Limburg: Abgang eines Loyalen
Magdeburg/MZ. - Erst vor der Tür wurde Limburg des Fauxpas gewahr: "Wo ist denn die Akte", rief er und rannte zurück. Der Vorgang ist in gewisser Weise symptomatisch für die letzten Amtsjahre des 63-Jährigen - es häuften sich Pannen.
Mann des Kalten Krieges
Limburg war Anfang der 1990er Jahre vom Bundeskriminalamt nach Sachsen-Anhalt gekommen und zum Chef des Landeskriminalamtes aufgestiegen. Im Jahr 2000 machte der Innenminister Manfred Püchel (SPD) den CDU-nahen Limburg zum Chef des Verfassungsschutzes. Limburg galt bereits zu diesem Zeitpunkt als Konservativer der alten Schule - und geprägt vom Kalten Krieg. Auf der anderen Seite wird Limburg von vielen, die mit ihm arbeiteten, als außerordentlich loyal, ja sogar als ängstlich eingeschätzt, seinen Dienstherren zu widersprechen.
Es erscheint daher merkwürdig, dass Limburg ausgerechnet Stahlknecht mehrfach im Unklaren in Sachen NSU gelassen haben soll. Und für einen, der Loyalität geschworen hat, ist es auch bemerkenswert, dass er öffentlich dem eigenen Minister widerspricht. Limburg tat dies am Mittwoch, als Stahlknecht ihn rüffelte. Womöglich war Limburg schon da klar, dass er seinen Hut nimmt. Doch Limburgs Abgang hat nicht nur etwas mit der verschwundenen NSU-Akte zu tun - der Stern des obersten Verfassungsschützers begann bereits unter Stahlknechts Amtsvorgänger Holger Hövelmann (SPD) zu sinken. Im Jahr 2009 wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz wider jeder rechtlichen Grundlage die Daten von unter 14-jährigen Kindern elektronisch erfasste. Limburg verteidigte das Vorgehen bis zum Schluss und reagierte persönlich beleidigt auf Kritik. "Wir hatten den Eindruck, dass es der Verfassungsschutz sehr lax mit gesetzlichen Regeln nimmt", sagte das damalige Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission, Guido Kosmehl (FDP). Die Aussage gilt wohl auch für andere Tätigkeiten des Amtes. Quasi nebenher wurde bekannt, dass es in der Behörde auch anderswo nicht gerade optimal läuft: Aktenkundig ist etwa, dass die Schlapphüte vergaßen, einen Peilsender aus dem Fahrzeug eines Verdächtigen zu entfernen. Das Auto wurde verkauft, doch der Sender funkte munter weiter - der neue Besitzer erfuhr es nie. Im Amt selbst kam es zur Lagerbildung mit Anfeindungen, die in Mobbing gipfelte: Einer der Verfassungsschützer verschickte unter der Adresse eines Kollegen Post und bestellte in dessen Namen Erotik-Produkte. Limburg igelte sich in jener Zeit ein, trat kaum in Erscheinung. Doch zurücktreten wollte Limburg, bereits gesundheitlich angeschlagen, nicht.
Chance auf Neuanfang?
Auch Hövelmann hielt an ihm fest, ein Disziplinarverfahren wegen der Speicherung der Kinder-Daten wurde über Jahre verschleppt. Eine wirkliche Chance zum Neuanfang bekam der Geheimdienst daher nie - den hat nun Stahlknecht angekündigt, inklusive einer neuen Führung.