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Visa-Affäre Visa-Affäre: Das mühselige Stochern in den Lücken der Erinnerung

Von Markus Decker 20.04.2005, 12:04
Der Botschafter am Heiligen Stuhl, Gerd Westdickenberg, wird am Mittwoch (20.04.2005) im Sitzungssaal des Untersuchungsausschusses des Bundestages in der Visa-Affäre in Berlin als Zeuge vernommen. Westdickenberg war der damalige Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts. (Foto: dpa)
Der Botschafter am Heiligen Stuhl, Gerd Westdickenberg, wird am Mittwoch (20.04.2005) im Sitzungssaal des Untersuchungsausschusses des Bundestages in der Visa-Affäre in Berlin als Zeuge vernommen. Westdickenberg war der damalige Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts. (Foto: dpa) dpa

Berlin/MZ. - Erhatte Uhl provoziert mit dutzendfachen Variationendes Satzes: "Ich kann dazu aus der Erinnerungnichts sagen."

Neben Westdickenberg waren der Ex-Botschafterin Moskau, Ernst-Jörg von Studnitz, und derjetzige Botschafter in Kiew, Dietmar Stüdemann,in den Ausschuss geladen. Unterschiedlicherhätten ihre Aussagen kaum sein können. DerGast aus Rom ließ verlauten, es habe in denBotschaften Widerstände gegeben gegen dierot-grüne Visa-Politik. Auch sei ihm bekannt,dass Innenminister Otto Schily (SPD) sichin zwei Briefen Luft gemacht habe über dasVorgehen seines Kollegen Joschka Fischer (Grüne).

Das alles freilich ist längst bekannt.Der Rest war Westdickenberg meist nicht erinnerlich.Zudem ließ der Mann wie andere Mitarbeiterdes Auswärtigen Amtes vor ihm durchblicken,dass das Ministerium den Zeugen eine intensiveVorbereitung angedeihen lässt: mehrtägigesAktenstudium, Gespräch mit einem Rechtsbeistandund der Leiterin des Parlamentsreferats, PatriciaFlor. Zu Gesprächen der Zeugen ist es Westdickenbergzufolge nicht gekommen, obwohl das Aktenstudiumim selben Raum stattfindet. Flor bestrittder MZ gegenüber, dass Zeugen beeinflusstwürden.

Aufschlussreich waren die Einlassungen Studnitz'und Stüdemanns. Sie kritisierten die rot-grünenVisa-Erlasse. Der ehemalige Moskau-BotschafterStudnitz meinte, die Erlasse hätten manchenzu dem Schluss geführt, nun könne man beider Visa-Vergabe die Zügel schleifen lassen."In Kiew sind die Dinge völlig aus dem Lotgeraten." Anders in Moskau. Dort habe mandie Erlasse bewusst anders interpretiert.Schließlich gehöre es zu den Aufgaben einesgut bezahlten Diplomaten auch mal zu sagen:"Da läuft etwas schief."

Stüdemann setzte einen anderen Akzent. "DieErlasse waren untauglich", bemerkte der Mannaus Kiew. "Die Zentrale hat uns nicht unterstützt."Denn Stüdemann hat ebenfalls Protest angemeldet- die Erlasse aber dennoch umgesetzt. Beidefanden trotz allem relativierende Worte: DieVisa-Probleme in Osteuropa hätten nicht mitder rot-grünen Regierungsübernahme 1998 begonnen,sondern mit dem Fall des Eisernen Vorhangs1989. Und zur orangen Revolution in der Ukrainesei es nicht zuletzt gekommen, weil die Reisendensich den Westen angeschaut hätten - um ihnspäter zu kopieren.

Die Mitglieder des Visa-Untersuchungsausschusses: Hellmut Königshaus (FDP, oben l), Olaf Scholz (SPD, oben M), Volker Neumann (SPD, oben r), Hans-Peter Uhl (CSU, unten l), Eckart von Klaeden (CDU, unten M) und Jerzy Montag (Grünen, unten r). (Foto: dpa)
Die Mitglieder des Visa-Untersuchungsausschusses: Hellmut Königshaus (FDP, oben l), Olaf Scholz (SPD, oben M), Volker Neumann (SPD, oben r), Hans-Peter Uhl (CSU, unten l), Eckart von Klaeden (CDU, unten M) und Jerzy Montag (Grünen, unten r). (Foto: dpa)
dpa
Geübt im Umgang mit Mikrofonen und Fensehkameras: Außenminister Joschka Fischer vor Journalisten am 13. Januar 2005 in Wörlitz (Sachsen-Anhalt) nach einer Klausurtagung. (Foto: dpa)
Geübt im Umgang mit Mikrofonen und Fensehkameras: Außenminister Joschka Fischer vor Journalisten am 13. Januar 2005 in Wörlitz (Sachsen-Anhalt) nach einer Klausurtagung. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild