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Vertriebene verzichten auf Nominierung Steinbachs

04.03.2009, 07:11

Berlin/dpa. - Nach langem Streit über die Besetzung des Stiftungsrates für das geplante Zentrum gegen Vertreibungen verzichtet der Bundesverband der Vertriebenen (BdV) auf eine Nominierung seiner umstrittenen Präsidentin Erika Steinbach.

Man wolle «nicht der billige Vorwand dafür sein, das Stiftungsgesetz nicht in die Tat umzusetzen und so die Stiftung auf den letzten Metern noch zu verhindern», teilte die Organisation am Mittwoch auf ihrer Internetseite mit.

Polen lehnt die CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach seit Jahren als BdV-Repräsentantin ab - im Nachbarland wird die historische Bewertung der Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Organisation scharf kritisiert. Auch die SPD in der großen Koalition wollte Steinbach aus dem Stiftungsrat der Bundesstiftung «Flucht, Vertreibung, Versöhnung» fernhalten.

Der BdV wolle «die nicht durch uns verursachte Blockade auflösen (...). Aus diesem Grunde und nur aus diesem Grunde hat das Präsidium des BdV das Angebot seiner Präsidentin angenommen, sie vorläufig nicht für den Stiftungsrat zu benennen», hieß es. Das BdV-Präsidium will keinen anderen Vertreter an Steinbachs Stelle nominieren. «Es will diese Position demonstrativ unbesetzt lassen, um deutlich zu machen, dass es sich sein originäres Besetzungsrecht von niemandem vorschreiben lässt», heißt es in der Mitteilung.

Der Bundesverband erwarte nun, «dass die Bundesregierung (... ) das Dokumentationszentrum in Berlin baldmöglichst realisiert». Den politischen Gegnern Steinbachs warf der BdV «fehlendes Demokratieverständnis» vor. «Alle Argumente der Sozialdemokraten und Grünen gegen die vom BdV nominierte Präsidentin Erika Steinbach sind an den Haaren herbeigezogen und nicht stichhaltig.»

Die «Augsburger Allgemeine» berichtete unter Berufung auf hochrangige Verbandskreise, es sollten zunächst nur zwei Stellvertreter Steinbachs für den Stiftungsrat nominiert werden. Einer der drei dem Verband zugedachten Sitze bleibe damit unbesetzt.

Zuletzt hatte SPD-Fraktionschef Peter Struck die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel aufgefordert, auf die Ernennung Steinbachs zu verzichten. Nötig sei eine «klare und unmissverständliche Entscheidung», durch die der «außenpolitischen Verantwortung» Vorrang vor der Rücksicht auf «eine bestimmte Wählerklientel» gegeben werde, berichtet die «Passauer Neue Presse» unter Berufung auf einen ihr vorliegenden «Politischen Bericht» Strucks für die SPD-Abgeordneten. Die «quälende Diskussion» über die Nominierung Steinbachs sei «für die Bundeskanzlerin kein Ruhmesblatt».

Am 13. April 2008 hatte sich die BdV-Bundesversammlung, in der alle 21 Landsmannschaften der Vertriebenen vertreten sind, nahezu einstimmig für einen Sitz Steinbachs in dem Stiftungsgremium ausgesprochen. Das Präsidium nominierte Steinbach auch offiziell. Nach dem seit Ende 2008 geltenden Gesetz über die «Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung» stehen dem BdV drei Sitze im 13-köpfigen Stiftungsrat zu. Dessen Besetzung muss vom Bundeskabinett bestätigt werden.

Am Wochenende hatte Steinbach einen Verzicht auf den Posten nicht mehr ausgeschlossen. Sie erwäge einen Rückzug, um Kanzlerin Merkel entgegenzukommen und den Druck aus der Debatte zu nehmen, hieß es aus Kreisen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. CDU und CSU stellten sich gleichwohl offiziell hinter Steinbach.